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Umfrage über das Atomprogramm, die Sanktionen und die Wahlen


Iranische Familie

Iran sieht sich vor den Präsidentschaftswahlen mit großen wirtschaftlichen Herausforderungen konfrontiert. Die Sanktionen westlicher Staaten zeigen Wirkung. Der Zugang zu Medizin wurde eingeschränkt, die Öl-Exporte sind beschnitten, die Währung verlor dramatisch an Wert und die Inflation ist gestiegen. Dass die Sanktionen inzwischen der iranischen Wirtschaft spürbar schaden, stellt daher in Teheran derzeit niemand in Abrede. Anders sieht es aber mit der Frage aus, ob die Sanktionen im Hinblick auf die Wahlen ihre gewünschte Wirkung erzielen werden.

Allgemein sind die Ziele von Wirtschaftssanktionen, das Wahlverhalten eines Volkes entsprechend zu ändern oder den wirtschaftlichen Druck dermaßen zu erhöhen, um bestenfalls das Volk zu einem revolutionären Umsturz zu bewegen. Inwieweit dieser Prozess im Falle Irans voranschreitet, kann man aus der Studie des renommierten Meinungsforschungsinstituts “Gallup Organization” entnehmen.

Das traditionsreiche, seit nunmehr 83 Jahren bestehende Institut mit Sitz in Washington D.C., befragte im letzten  Dezember und Januar telefonisch 1000 Iraner über 15 Jahre - ausgewählt nach einem wissenschaftlichem Kriterium, das die iranische Gesellschaft repräsentativ widerspiegelt – über ihre Ansichten zur wirtschaftlichen Entwicklung, zu den Sanktionen und zum Atomprogramm. Vorab ist zu sagen, dass die US-Befragungen am Telefon von lokalen Agenturen in Iran oder in der Region vorgenommen wurden, und darüber hinaus stellten verschiedene US-Institute in der Vergangenheit fest, dass die Ergebnisse von Telefon- und Vor-Ort-Umfragen - selbst bei heiklen Fragen - sich kaum voneinander unterscheiden.

Die repräsentative Umfrage ergab jedenfalls, dass 48 % der Iraner ihren persönlichen Lebensstandard im Jahr 2012 durch Sanktionen stark betroffen sahen. Andererseits befürworten 63 % die weitere Fortsetzung des Atomprogramms – sogar in Anbetracht der Sanktionen - und nur 10 % machen die eigene Regierung für die Embargos verantwortlich. Als Hauptschuldigen für die Sanktionen sehen 47 % der Iraner die US-Regierung, gefolgt von Israel mit 9 % und die westeuropäischen Staaten sowie die UNO mit jeweils 7 %.

In einem Artikel der “Washington Post” weist der Autor Max Fisher darauf hin, dass die verschärften Sanktionen vermutlich sogar das Gegenteil des erhofften Zwecks bewirken. Denn im Dezember 2011 / Januar 2012 – also in einer Zeit, wo bloß 27 % der Iraner eine erhebliche Einschränkung des iranischen Lebensstandards aufgrund von schärferen Sanktionen prognostizierten - befürworteten lediglich 57 % der Iraner das zivile Atomprogramm, und dabei wurde die Frage – ungleich der aktuellen Umfrage - nicht einmal mit dem Zusatz „in Anbetracht der Sanktionen“ verbunden.

Es ist daher davon auszugehen, dass die westlichen Embargos gegen Teheran nicht das gewünschte Ziel realisieren werden, einen - in der Atomfrage - kompromissbereiteren Kandidaten ins Präsidentenamt zu hieven. Allerdings finden derzeit anlässlich der Präsidentschaftswahl wieder verstärkt öffentliche und veröffentlichte Debatten in Iran über den Kurs des Staates statt, was zu einer Bewusstseinsveränderung der Iraner hinsichtlich von Atomstrom führen könnte. Und es hat sich bereits ein Kandidat gefunden, der sich erstmals für einen Verzicht der Urananreicherung ausgesprochen hat. Sein Name ist Ali Fallahian. Gegen den Kleriker - der im Westen als ultra-konservativ, ultra-orthodox und nicht zu vergessen als ultra-terroristisch verschrien ist – besteht ein internationaler Auslieferungsantrag von Interpol. Nun, wird sich der Westen seinen Sieg erhoffen?


Harry16-05-13

Der Ende des Artikels gefällt mir sehr. Es zeigt, wie der Westen sich Feindbilder macht und am Ende diese Feindbilder ihnen selbst schaden. Das hat man ja auch bei Ahmadinejad gesehen. Nach dem man ihn so verteufelt hat, konnte man nicht mehr ein Arrangement mit ihm erzielen, auch wenn er bereit war.

Es zeigt auch die Konzeptlosigkeit der westlichen Iran-Politik, in dem sie die Akteure verteufelt, die eher dazu geneigt und in der Lage sind einen Kompromis in der Atomfrage abzuwickeln. Und andere Akteure werden vom Westen bejubelt, die entweder nicht die Fähigkeit oder den Willen dazu haben, wie Mussavi und Karubi, die hatten bekannterweise keines von beiden gehabt.

Anonym20-05-13

Alle Medien im Iran werden massiv zensiert. SMS Inhalte werden geprüft und Telefonate mitgehört und archiviert. Daher halte ich solche Umfragen für nicht repräsentativ, selbst wenn die Kreterien gegeben sind. Auch wenn viele Iraner für das Atomprogramm sind, so müssen sie nicht für das Regime sein. Nach den Wahlfälschungen von 2009 wissen viele, dass Wahlen keinen Sinn machen im Mullahstaat und einzig als Legitimationsgrundlage des Regimes dienen. Zumal die Kandidatenliste vom Wächterrat vorselektiert wird. Dabei werden alle Frauen grundsätzlich von der Liste gestrichen. Demokraten, säkulare, rechte und linke und alle anderen Gruppierungen sind ohnehin verboten.
Ali Fallahian, der allseits verhasste Mullah ist daher repräsentativ für die Kandidatenliste. Er wird wegen seiner Verstrickung in den Kettenmorden der 90er Jahre international gesucht und reiht sich damit in die Liste des who is who der Präsidentschaftswahlen ein. Ahmadinejad der ja unlängst gedroht hat Beweise für die Wahlfälschungen 2009 zu liefern, sollte sein Hexenmeister Mashai nicht zur Wahl zugelassen werden, ist ebenfalls bezeichnend für die derzeitige traurige Situation im Land: http://www.freezepage.com/1367084872NVRYJUABHS.
Oder nehmen wir den ehemalige Militär Qualibaf von dem jetzt ein Tonband aufgetaucht ist, dass seine aktive Rolle bei der Unterdrückung der Studenproteste beweist: http://www.iranhumanrights.org/2013/05/ghalibaf_tape/
Die bestehenden Sanktionen sollten noch mit politischen Sanktionen ergänzt werden. Die Botschaften der Mullahs sollten zumindest in demokratischen Ländern geräumt werden ganz so wie in UK und Kanada. Den Rest überlassen wir den Iranern selbst, die noch ihre Rechnung mit dem Regime und seine Anhänger begleichen werden.

Reza20-05-13

Ich kann mit Sicherheit sagen, in den westlichen gibt es eine allgemeine Erkenntnis, in der sie alle bezüglich Iran 100% einig sind. Das ist die Tatsache, dass die Entscheidung über die iranische Atomfrage nicht in Händen irgendeinen gewählten Präsidenten liegt sondern es sind Herr Khamenei und seine engsten Berater, die für diesen Bereich zuständig sind. Ich bin darüber enttäuscht , dass beide Herrschaften in ihrem Artikel diese Tatsache mit keinem einzigen Wort erwähnen, darüber hinaus bin ich empört darüber, dass sie die Worte eines Falahian wiedergeben, der von vielen Menschen im Iran als einen erbahmungslosen Verbrecher angesehen und auch als solchen bezeichnet wird.

Lieber Harry, den westen interessiert nicht so sehr, wer alles im Iran oder generell im nahen Osten regiert. Wie Sie auch bestimmt ahnen oder vermuten können. Der Westen fürchtet sich weder vor den möglichen iranischen Atombomben noch vor iranischem Militär und seinen Raketen. Der Westen ist in der Lage aus der Ferne innerhalb von wenigen Wochen das gesamte iranische Militär in Schutt und Asche zu legen. Die westliche Welt benutzt Iran aber wie eine Vogelscheuche, um kurzfristig einige Ziele auf einen Schlag zu erreichen. Diese iranische Sonderstellung verhilft dem Westen, über diese schiene 1. enorme Waffenverkäufe zu tätigen und 2. Den westlichen Spaßgesellschaften in ihrer Gesamtheit das barbarische Embargo gegen den Iran, das zur Erleichterung des iranischen Systems vor allem den kleinen Mann von nebenan zerschmettert, als ein geeignetes Heilmittel zu verkaufen, 3. Infolgedessen auch sicher die Schwächung des Landes zu erreichen, um es mit seinem Machtanspruch zurückzudrängen. Nutznießer dieses Spiels sind abgesehen von der westlichen Welt Länder wie Russland, China, Türkei und Saudi Arabien.

Also was Ihnen als Konzeptlosigkeit erscheint, ist ein Teil des westlichen Strategiespiels.

Die vom iranischen System verfolgte Politik “ Ideologie über alles” bringt der iranischen Bevölkerung nichts außer Entbehrungen und viele Gefahren.

SA22-05-13

Geehrter Anonym!

- Vielleicht haben Sie nicht gelesen, aber US-Meinungsforschungsinstitute konnten keine Abweichungen von Telefonumfragen von persönlichen Umfragen feststellen.

- Es gibt keinerlei Beweise für die These der Wahlfälschung von 2009. Die Reformer konnten keine einzige Wahlurne benennen, die gefälschte Stimmen beinhaltete. Das Innenministerium hat sogar zum ersten Mal die Ergebnisse aller Wahlurnen veröffentlicht.

- Frauen werden nicht grundsätzlich gestrichen, sonst dürften sie grundsätzlich sich nicht bewerben. Der Wächterrat hat sich mehrmals dazu in der Vergangenheit geäußert.

- In Iran haben Sie die Auswahl zwischen einem linken Islamisten, liberalen Islamisten, konservativen Islamisten etc.. Und in Deutschland haben Sie die Auswahl zwischen einem linken Demokraten, liberalen Demokraten, konservativen Demokraten etc..

- Der erste Link bestehst aus Spekulationen, die sogar eine widersprüchliche Logik aufzeigt. Wieso soll der Präsident seine eigene Wahl diskreditieren? Jedenfalls dementiert Ahmadinejads Büro, dass so ein Vorfall passiert wäre und das so ein Tonband existiere.

- Im zweiten Link werden die Aussagen Qalibafs aus dem Kontext gerissen. Qalibaf sagte in Wirklichkeit, dass er sich für das Recht der Studentendemonstrationen eingesetzt habe und die Reformer dagegen waren, weil sie Unruhen befürchteten. Letztlich stellten sich die Studentenführer selbst gegen eine legale geordnete Demonstration (weil sie keinen Sprecher finden konnten, und daraufhin schlug Qalibaf sich sogar als Redner vor, der den Studenten zur Rede und Antwort steht, was aber abgelehnt wurde) und als Unruhestifter dabei waren, in Richtung des Sitzes des Staatsoberhauptes zu marschieren, um diesen zu stürmen, griff er selbst persönlich ein.
Es ist beschämend, dass die NGO "International Campaign For Human Rights in Iran" so unprofessionell arbeitet und offensichtlich eine bestimmte Agenda folgt und nicht neutral urteilt. In jedem demokratischen Rechtssystem ist der Schutz der Mehrheitsentscheidung bei Wahlen eine grundlegende Regel. Darüber hinaus müssen auch in Deutschland Demonstrationen angemeldet werden und es darf keine Abweichungen von der gemeldeten Demonstrationsroute erfolgen. Jedenfalls geht aus dem Tonband hervor, dass Qalibaf sich energisch für das Recht auf Demonstrationen einsetzt und Einschränkungen in diese Hinsicht kritisiert. Aber andererseits ist er für harte Maßnahmen und Abschreckungspotential (das mit Schießbefehl, sagte er, sollte nur eine Abschreckung für Unruhestifter sein und wurde daher auch nicht Gebrauch gemacht).

Harry22-05-13

Lieber Reza,

Europa und die USA befinden sich derzeit in einer Wirtschaftskrise und können daher militärisch erstmal gar nichts machen.

Gute Tag!

Iraner22-05-13

@Reza

Ich denke nicht, dass die USA einen Krieg gegen den Iran beginnen können, weil sie wissen, dass ihre Opferzahlen weitaus höher sein werden als beim Irak- und Afghanistankrieg - und da sind sie schon gescheitert. Und Israel wurde nicht mal mit Hisbollah und Hamas fertig.

SA22-05-13

@Reza

- Wer letztlich über die Atompolitik entscheidet ist im Kontext der vom Westen formulierten Ziele der Sanktionen nicht von Belangen bzw. wenn es tatsächlich nur und ausschließlich von Khamenei völlig unbeeinflussbar entschieden würde, dann würden die Sanktionen auch in so einem Fall nicht ihre proklamierten Ziele erreichen. Aber Khameneis Entscheidungsfindungen sind nicht frei von den politischen Gegebenheiten oder Machtverhältnisse in Iran.

- Bedanken Sie sich bei den Sanktionsurhebern, dass Fallahian sich durch Aussagen über die Atompolitik salonfähig machen kann und Medien daher das nicht verschweigen können und dürfen.

Reza23-05-13

Ich habe an keiner Stelle meines Kommentars von einem möglichen Krieg gesprochen. Ich habe lediglich erwähnt, dass die westlichen Länder über eine potenzielle Feuerkraft verfügen, die im Falle eines Krieges dem iranischen Militär nicht die geringste Überlebenschance lässt. Ich bin der Meinung, der Westen hat kein Interesse an einem Krieg gegen den Iran. Die Zeit, das Embargo, viele Agenten in hohen Positionen und die unzähligen hausgemachten Probleme durch das inkompetente iranische System arbeiten Hand in Hand für den Westen, diese Umstände werden dafür sorgen, dass das Land in die von Westen gewünschte Richtung geht. Bis dahin macht man im Westen natürlich viel Geld und sichert dazu viele Arbeitsplätze über enorme Waffenverkäufe. Der Moloch und Co. wissen genau, wann und wo sie durch ihr geschicktes Können nachgeben oder Druck ausüben werden. Wir dürfen die Geschichte nicht aus den Augen verlieren. Nichts ist so wie es scheint.

Paul26-05-13

Den eigentlichen Anheizern der Sanktionen geht es ja nicht darum, Iran an seinem zivilen Kernkraft-Programm zu hindern, dessen Ausnutzung für den Bau von Atomwaffen ja immer nur behauptet, aber nie bewiesen wurde. Nein, den Anheizern der Sanktionen und so genannter weiterer politischer "Maßnahmen" geht es vor allem darum, Iran zu demütigen. Ein Land, dessen Kultur älter ist als die fast aller Länder, die sich hinter den "jungen" USA aufzustellen gezwungen sehen.
Wer das Spiel der imperialen "Wargamers" in Washington (und New York, da sind die "Finanzen") kennt, wird sich nicht wundern, wenn zur Entlastung der zerstrittenen "Aufständischen" und vor allem Söldner-Banden in Syrien auch in Iran s genannte demokratische Kräfte Unruhen anzetteln.
Die Umfrageergebnisse entsprechen eigenen Beobachtungen und auch anderen sozialwissenschaftlichen Surverys. Herr Anonym kennt dieses Land mit bald 80 Mio Menschen wenig. Er sollte sich dort kundig machen.

Ulrich28-05-13

Reza, du überbewertest die westliche Macht und dadurch steigerst du dich in Verschwörungstheorien rein. Der Westen war noch nie so schwach in den letzten 20 Jahren wie heute.





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