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26.01.2011 Shayan Arkian

Machtfaktor Religion in der Islamischen Republik Iran


Besuch Ayatollah Khameneis in Qom

Ansturm der Massen beim Besuch Ayatollah Khameneis in Qom. (Photo: Mehr)

Spätestens seit den umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2009 gehen zahlreiche Kommentatoren davon aus, dass Iran im Begriff ist, eine Militärdiktatur zu werden, deren Machtbastion hauptsächlich die bewaffneten Streitkräfte - allen voran die Pasdaran - ist. Für viele dieser Beobachter war bereits der Aufstieg Dr. Mahmud Ahmadinejads (mit seinem nicht-klerikalen Hintergrund) zum Präsidenten der Islamischen Republik – nachdem das Präsidentenamt 24 Jahre von schiitischen Klerikern ausgeübt wurde – der Beginn einer schleichenden Säkularisierung des Regimes. Das Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei, der über dem Präsidentenamt steht und Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, spielt für diese Gruppe von Iran-Experten, die den Iran als eine werdende Militärdiktatur ansehen, eine untergeordnete Rolle, da er zum einen angeblich nie den höchsten Grad in der theologischen Hierarchie erreicht habe und zum anderen weil er seine Macht durch die erfolgreiche Niederschlagung der Wahlproteste vom vorletzten Jahr nur noch auf die bewaffneten Sicherheitskräften stützen könne und er dadurch seine Souveränität verloren habe.

„Wilayat al-Faqih“ in der Verfassung der Islamischen Republik Iran

Gemäß der Verfassung der Islamischen Republik muss der Präsident nicht aus dem Klerus stammen  und für die Bekleidung des Amtes des Staatsoberhauptes (im Fachjargon: „Wilayat al-Faqih“; andere Schreibweise: Welayat-e Faqih, Wilayatul Faqih oder Velayat-e Faqih; zu Deutsch „Patronat des Rechtsgelehrten“) ist es ausreichend ein Gelehrter zu sein, der befähigt ist, das islamische Recht zu deduzieren (in Fachjargon nennt man diese Gelehrten „Mujtahid“). Anders als in der Verfassung vor 1989 muss der „Wilayat al-Faqih“ demnach nicht mehr den höchsten Rang in der theologischen Hierarchie innehaben (im Fachjargon nennt man diese höchsten Rechtsgelehrten „Maraje-e Taqlid“). Für diese Reform machte sich der Staatsgründer und „Marja’e Taqlid“ Großayatollah Rouhollah Khomeini persönlich stark, der im Gegensatz zum Verfassungsentwurf von 1979 größeren Spielraum bei der Ausarbeitung der Verfassungsreform hatte (in der Verfassungskommission von 1979 waren u. a. noch säkulare Kräfte sowie Kräfte der eher traditionellen Geistlichkeit Mitglied). Diese Modifizierung hat die bereits mehrere Jahre zuvor begonnenen Spezialisierungstendenzen in der schiitischen Theologie neue Geltung verschafft.

„Wilayat al-Faqih“ in der schiitischen Theologie

Die „Maraje-e Taqlids“ gelten notwendigerweise nicht mehr gleichzeitig als die Gelehrtesten (im Fachjargon „Al-Alam“) in politischen und gesellschaftlichen Fragen, sondern Bezugsperson (im Fachjargon „Marja“) ist der „Wilayat al-Faqih“, der aufgrund seiner Kompetenzen in diesen Fragen dieses Amt führt. Und umgekehrt bedeutet das auch, dass der „Wilayat al-Faqih“ nicht notwendigerweise in Rechtsfragen, die ausschließlich Auswirkungen auf das Individuum haben (wie in Fragen des rituellen Gebets oder der rituellen Reinheitsgebote) der Gelehrteste ist, sondern die „Maraje-e Taqlids“, die sich eher auf  diese Fragestellungen spezialisiert haben.

In diesem Sinne gibt es eine klare Aufteilung der Aufgaben: Der „Wilayat al-Faqih“, das heißt das Staatsoberhaupt, ist für die politischen und gesellschaftlichen Fragen zuständig und die höchsten Rechtsgelehrten, das heißt die „Maraje-e Taqlids“, für die rechtsreligiösen Fragen, die ausschließlich das Individuum betreffen. Deshalb ergibt sich theoretisch keine inhärente Konkurrenz zwischen dem „Wilayat al-Faqih“ einerseits und den „Maraje-e Taqlids“ andererseits. Im Gegenteil wird die Institution des „Wilayat al-Faqihs“ als Bindeglied und einheitsschaffendes Element in den politischen und gesellschaftlichen Fragen verstanden, da ihm in jenen Fragen alle - inklusive der „Maraje-e Taqlids“ – folgen.
 
In der Praxis verhält es sich jedoch komplexer. Zwar sprechen fast alle „Maraje-e Taqlids“ einem führenden Rechtsgelehrten politische Autorität zu, aber längst nicht alle „Maraje-e Taqlids“ sind sich in Details einig. Divergenzen sind jedoch in den schiitischen wissenschaftlichen Disziplinen nur natürlich und in diesem Sinne gibt es unter dem Klerus eine mehrere Jahrhunderte alte geübte Praxis im friedlichen und besonnenen Umgang mit Meinungsunterschiede. Die Differenzen über das „Wilayat al-Faqih“ entspringen aus dieser Tradition. Debatten darüber, wie weit  die Autorität des „Wilayat al-Faqihs“ reicht, über seine Voraussetzungen und woher er seine Legitimation bezieht, gab es bereits bei der Geburt dieser Herrschaftstheorie, während der islamischen Revolution, bei der Verfassungsreform von 1989 und es gibt sie auch in der Gegenwart. Ein Anlass zur ernsthaften Erschütterung und Destabilisierung der Islamischen Republik war dies nie gewesen. Oft sind die Unterschiede in der Frage des „Wilayat al-Faqihs“ bloß auch theoretischer Natur und haben keine praktische Relevanz. Tatsächlich gibt es trotz der Dissensen weitaus mehr Gemeinsamkeiten und das Interesse des Klerus an der Beibehaltung der Doktrin vom „Wilayat al-Faqih“ - als Garant für das Fortbestand der Islamischen Republik - wiegt allemal mehr als dass man aufgrund von Detailfragen sie in der Essenz zu bekämpfen versucht.
 
Die theologischen Fakultäten in Qom

Die meisten schiitischen theologischen Hochschulen bzw. Fakultäten (im Fachjargon „Hawzah Ilmiyya“) befinden sich derzeit in der iranischen Stadt Qom (andere Schreibweise: Ghom oder Qum), die zugleich als die religiöseste Stadt Irans gilt. Im Vergleich zum irakischen Najaf, das bis zur Machtergreifung Saddam Husseins in Irak und der zeitgleichen islamischen Revolution in Iran das theologische Zentrum der Schiiten war, sind die Bildungsmethoden, Einrichtungen und die Herbergen der theologischen Fakultäten Qoms moderner und fortschrittlicher und sie unterhalten ungleich mehr Theologiestudenten sowie eine Reihe von speziellen Instituten mit verschiedenen Schwerpunkten als auch mehrere Fakultäten eigens für ausländische Studenten sowie für weibliche Studentinnen. Neben den schiitischen Fakultäten gibt es auch sunnitische Fakultäten. Nach dem Sturz Saddam Husseins zogen zwar irakische und andere ausländische Studenten von Qom wieder nach Najaf, kehrten aber - aufgrund mangelnder Sicherheit und der vergleichsweise geringeren Qualität der Einrichtungen und des Lebens dort - wieder nach Qom zurück. Die Stadt Qom beherbergt deshalb seit mehrere Jahrzehnten die meisten „Maraje-e Taqlids“ und hat eine fast ähnliche Bedeutung für die Schiiten wie für die Katholiken der Vatikan.

Die Weltanschauung der Islamischen Republik und ihr Verhältnis zum Klerus

Im Folgenden werden die Reden des derzeitigen „Wilayat al-Faqihs“, des iranischen Staatsoberhauptes Ayatollah Ali Khamenei, die er während seiner 10-tägigen Reise in die Stadt Qom vor einigen Monaten hielt, prägnant und zusammenfassend wiedergegeben. Diese Reden geben einen anschaulichen Einblick in der Relation und die Interaktion des Regimes mit dem Klerus und offenbart das Selbstverständnis und den weltanschaulichen Unterbau d

Links der in Iran höchste Repräsentant Großayatollah Sistanis, Seyed Javad Shahrestani, mit dem iranischen Staatsoberhaupt Ayatollah Khamenei in Qom (r.).

Es ist daran zu erinnern, dass Iran-Experten und Beobachter den zehntägigen Aufenthalt Ayatollah Khameneis in Qom mit großer Aufmerksamkeit mitverfolgten. Hintergrund ist eben die Annahme der angeblichen Militarisierung Irans zum Nachteil des Klerus und die angebliche Distanzierung des Klerus von der Islamischen Republik. Nach zehn Jahren war es die erste Reise Khameneis nach Qom. Dieser Aspekt verdeutlicht die Stärke seines Netzwerkes. Denn tatsächlich unterhält der „Wilayat al-Faqih“ in fast allen bedeutenden Institutionen, Stiftungen und Organisationen Vertreter und Repräsentanten, sofern dessen Leiter nicht selbst schon von ihm ernannt worden ist. Sein religiöses Netzwerk in Qom ist konkurrenzlos und im Gegenteil zu den der anderen „Maraje-e Taqlids“ Irans reicht es bin ins weite Ausland. Eine Reise während und unmittelbar nach den Wahlunruhen zwischen Juni und Dezember des vorletzten Jahres sah Ayatollah Khamenei freilich nie als notwendig an, obwohl zahlreiche Oppositionsführer regelmäßig die „Maraje-e Taqlids“ in Qom aufsuchten.

Zwar empfingen nicht alle „Maraje-e Taqlids“ Ayatollah Khamenei in Qom - insbesondere nicht die Gruppe, die den Reformern nahesteht - wohl aber die parteipolitisch unabhängigen als auch die konservativen „Maraje-e Taqlids“, die zusammen die bedeutende Mehrheit sind. Darüber hinaus ist Seyed Javad Shahrestani, der höchste Repräsentant von Großayatollah Sistani in Iran, zu nennen. Ohnehin verbindet Khamenei und Sistani gemeinsame und weitreichende Kooperationen in Qom und in Najaf.

Abschließend sei gesagt, dass in den Analysen von  Iran-Kennern und Beobachtern, die von eine Militarisierung Irans sprechen, Faktoren wie die resolute Justiz Irans, die institutionell von der Exekutive und Legislative (die als Zugkraft der Militarisierung betrachtet werden) unabhängig ist und deren  Spitze von Glaubensmännern besetzt ist, sowie das umfassende Verfassungsgericht  (Wächterrat), der zur Hälfte von Geistlichen und wiederum zur anderen Hälfte von dem höchsten Geistlichen der Justiz ernannt werden, nicht berücksichtigt werden.

Abriss von Ayatollah Khameneis Rede beim Treffen mit den Hinterbliebenen von Märtyrern und Kriegsveteranen in Qom:

- Der feste Glaube an das Martyrium, d.h. das Wissen, dass man nichts verliert, wenn man etwas für Gott etwas opfere, sondern vielmehr alles gewänne, sei im Schlachtfeld stärker als jede materielle Überlegenheit, inklusive Nuklearwaffen. Deshalb sei das iranische Volk stärker als alle anderen Völker und deshalb bestünde für Iran keine Notwendigkeit, eine Atomwaffe herzustellen.

 - Ayatollah Khamenei setzte diesen Gedankengang fort, indem er die Wahrnehmung der Kriegsverluste, der Toten  und Verwundeten zwischen Iran und dem Westen verglich: Die Hinterbliebenen der Märtyrer freuten sich über das Martyrium, wohingegen im Westen die Familien trauerten und Druck auf ihre Regierungen ausüben würden, den Krieg zu beenden. Im Kriegsfall würde die heutige Jugend genauso an die Front gehen wie in den 80er Jahren gegen Irak.

- In diesem Zusammenhang - in einer weiteren Rede in Qom - sagte Ayatollah Khamenei, dass man aus islamischer Sicht stets gewinnt:  entweder werde man Märtyrer oder man besiege den Gegner. Im Westen dagegen betrachte man den Krieg aus rein materiellen Gesichtpunkt heraus, wo man nur ohne Verluste gewinnen könne.

Abriss von Ayatollah Khameneis Rede bei der Zusammenkunft mit der Bevölkerung  im Zentrum Qoms:

- Khamenei lobte Großayatollah Haeri, den Gründer der theologischen Fakultäten in Qom, und dessen spätere Treuhänder Großayatollah Boroudjerdi, Golpayegani, Araki, Mar’ashi Najafi, Behjat und die gegenwärtigen Maraje-e Taqlids. Qom sei die Geburtsstadt der Revolution und die religiöseste Stadt des Landes, was sie zum Wächter und größten Befürworter der Islamischen Republik mache, so der „Wilayat al-Faqih“.

- Die Religion verleihe Iran die Widerstandsfähigkeit. Wenn die Republik nicht religiöser Natur wäre, hätten möglicherweise bereits zur Beginn der Revolution die Staatsführer dieser Republik mit dem Gegner Kompromisse eingegangen, die die Unabhängigkeit des Landes gefährdet hätten. Khamenei unterstrich, dass der Widerstandsgeist der Republik geschwächt würde, wenn sich das gläubige Volk Irans von der Islamischen Republik distanzieren würde. Nur aufgrund diese Unterstützungen könnten die Staatsführer Widerstand leisten.

- Khamenei bezeichnete den „gescheiterten Aufruhr“ nach den Wahlen als Impfung für die Islamische Republik vor weiterer Zwietracht. Das Volk hätte seinen politischen Blick aufgrund dieser Erfahrung schärfen können.

- Bezüglich der Sanktionen sagte das iranische Staatsoberhaupt, dass bereits unmittelbar nach der Revolution von 1979 Sanktionen gegen Iran verhängt worden waren. Ziel der Sanktionen wäre stets, Druck auf das Volk auszuüben, damit dieses sich von der Islamischen Republik distanziere. Aber die Sanktionen konnten keinen bemerkenswerten Einfluss auf den Alltag des Volkes ausüben. In Anbetracht dessen, dass das Volk den Krieg und die großen Mühen und Schwierigkeiten der 80er Jahren erfolgreich erduldet hat und Iran heute weitaus entwickelter sei als in jener Zeit, hätte das Volk mehr Hoffnung und Zuversicht in die Zukunft, so Ayatollah Khamenei.

Abriss von Ayatollah Khameneis Rede beim Treffen mit dem Klerus in Qom:

 - Heute sei Qom das schiitische Zentrum in der Welt. Noch nie in seiner Geschichte hätte Qom - wie in der jetzigen Zeit - internationale Aufmerksamkeit erhalten. Noch nie wie heute hätte Qom internationalen Einfluss gehabt und noch nie hätte Qom so viele Feinde und Freunde gehabt.

- Heute erhalten die theologischen Fakultäten und die „Maraje-e Taqlid“ das größte nationale Rednerpult, indem Gelehrte im Fernsehen, im Radio und im Internet ein großes Sprachrohr hätten. Das sind Unterstützungen, die die Islamische Republik geben muss. Die Islamische Republik sei geistig und wissenschaftlich vom Klerus, den theologischen Fakultäten, von deren wissenschaftlichen Aktivitäten, ihren Forschungen und Lehren abhängig. Ein islamisches Regierungssystem müsse deshalb den theologischen Fakultäten helfen. Das Schicksal der Islamischen Republik und der theologischen Fakultäten sei eins. In diesem Land würden der Klerus und der Islam ihr Schicksal mit der Islamischen Republik teilen, ihre Zukunft sei nicht voneinander zu trennen. Falls der Islamischen Republik einen Schaden zugefügt würde, erleide der Klerus - im Vergleich zu den „normalen“ religiösen Menschen und anderen gesellschaftlichen Gruppen - den größten Schaden. Die Beziehung zwischen dem Klerus und der Islamischen Republik sei wie die Beziehung des Unterstützers und des Ratgebers. Der Klerus verteidige zwar die Islamische Republik, aber er habe auch ihre Fehler zu reformieren. Niemand im Klerus könne gegenüber der Islamischen Republik indifferent sein, da die Republik ihren Ursprung in der Religion habe. Die Wahrheit sei, dass die theologischen Fakultäten in Qom die Mutter der Islamischen Republik seien. Wie könne es sein, dass die Mutter zu ihrem Kind indifferent bleibe und sie - wenn nötig - nicht verteidige, fragte der „Wilayat al-Faqih“ rhetorisch.

- Es gebe eine gegenseitige Unterstützung und Zusammenarbeit zwischen der Islamischen Republik und der theologischen Fakultäten, beide unterstützten sich gegenseitig. Die Unterstützung der Islamischen Republik für die theologischen Hochschulen dürfe aber nicht ihre Unabhängigkeit schmälern. Die theologischen Fakultäten der Schiiten waren immer unabhängig und sie sollten auch jetzt unabhängig bleiben. Sie sollten weiterhin wie bisher traditionell vom Volk durch die religiöse Abgabe (im Fachjargon „Khums“) finanziert werden. Die finanziellen Unterstützungen der Regierung für darüber hinausgehende Kosten, die durch die religiöse Abgabe alleine nicht finanziert werden könnten, dürften nicht zu einer Einflussnahme der Regierung führen. In einer anderen Zusammenkunft mit dem „Hohen Rat der Theologischen Fakultäten“ in Qom bekräftigte Ayatollah Khamenei in diesem Kontext, dass das Staatsoberhaupt („Wilayat al-Faqih“) sich nicht in die Beschlüsse des Hohen Rates und seiner administrativen Entscheidungen intervenieren werde.

- Die Wichtigkeit und Großartigkeit der islamischen Rechtswissenschaft (im Fachjargon „Fiqh“) darf nicht dazu führen, die Wichtigkeit der Disziplin der Philosophie zu vernachlässigen. Die islamische Rechtswissenschaft könne keine Auskunft über weltanschaulichen Fragen geben, dagegen aber die Philosophie.

- Das Staatsoberhaupt kritisierte, dass der auf die Islamische Republik angewandte Begriff „Mullahregime“ nicht korrekt sei. Die Islamische Republik ist die Herrschaft der religiösen Werte und des islamischen Rechts und nicht eines Individuums oder des Klerus oder der persönlichen Präferenzen des Herrschers. Bloß Mitglied des Klerus zu sein reiche nicht aus, um die Herrschaft zu begründen, so Ali Khamenei und spielte damit darauf an, dass in der Islamischen Republik das Staatsoberhaupt („Wilayat al-Faqih“) auch andere Kompetenzen haben müsse als nur religiöse rechtswissenschaftliche Kenntnisse.

- Der Respekt gegenüber den „Maraje-e Taqlids“ müsse beibehalten werden. Gerichtet an die jungen Studenten der theologischen Fakultäten, die sich besonders loyal gegenüber der Islamischen Republik fühlen, sagte Khamenei, dass Übertreibungen zu vermeiden sind. Beleidigungen gegen „Maraje-e Taqlids“ und andere hohe Gelehrte seien zu unterlassen. Hier spielte Khamenei auf Berichte an, dass sich reformkritische Studenten vor dem Haus des „Maraje-e Taqlids“ Großayatollah Yousef Sanei sammelten und Parolen gegen ihn riefen während er den Oppositionsführer Mehdi Karoubi empfing.

- Die zahlreichen weiblichen Studenten an den theologischen Fakultäten seien ein Stolz der islamischen Revolution.

Abriss von Ayatollah Khameneis Rede beim Treffen mit den klerikalen Dozenten und Professoren der theologischen Fakultäten:

- „Die Hauptsäule der theologischen Fakultäten ist die Wissenschaft und deshalb sollen diese Fakultäten im Einklang mit wissenschaftlichen Standards stehen.“

- „Wissenschaft wirft Fragen auf, deshalb soll eine wissenschaftliche Einrichtung wie die theologischen Fakultäten Fragen, Zweifel und Mehrdeutigkeiten wärmstens begrüßen.“

- „Es ist nicht unrichtig Fragen aufzuwerfen und neue Themen und Methoden vorzuschlagen. Und auch wenn diese sogar falsch sind, ist es notwendig, ihnen mit wissenschaftlicher Methode zu begegnen.“

- „Das freie Denken ist eine inhärente Eigenschaft der Wissenschaft, und Vorurteile und Voreingenommenheiten sind in der Wissenschaft grundsätzlich deplaziert.“

- „Das freie Denken in den theologischen Fakultäten muss auf alle Ebenen verbreitet und vertieft werden und die Wissenden müssen in allen Fächern alle ihren Meinungen und Ansichten frei zum Ausdruck bringen."

- „Bei theologischen Meinungsverschiedenheiten sollten die  theologischen Fakultäten den größten Wert auf die Wissenschaft legen. Freilich sind Frömmigkeit, Gottesfurcht und Bescheidenheit höhere Werte - die Wissenschaft ist im Gegensatz dazu aber überprüfbar und deshalb sollten die wissenderen Gelehrten bei der Wahrheitsfindung die höhere Priorität eingeräumt bekommen." In einer anderen Zusammenkunft mit dem „Hohen Rat der Theologischen Fakultäten“ sagte Ayatollah Khamenei, dass Stil und Methoden des Lehrens und Lernens an den theologischen Fakultäten nicht eingeschränkt werden sollten. Die praktische Mystik sei eine Voraussetzung für Theologiestudenten und Gelehrten. Er unterstrich Folgendes: „Berichte über die Lebensweisen großer Persönlichkeiten in Tugend und Moral und ihre moralischen Ratschläge sind für die Theologiestudenten weitaus eindrucksvoller als theoretische Mystik.“

Abriss von Ayatollah Khameneis Rede beim Treffen mit den ausländischen Theologiestudenten in Qom:

- Es ist nicht das Ziel, die islamische Revolution zu exportieren, sondern die islamischen Erkenntnisse.

- Das Drohen mit Sanktionen und das Verhängen derselben ist nichts Neues. Die Islamische Republik lebt bereits seit 30 Jahren mit Sanktionen. Und nichtsdestotrotz hat Iran heute einen Höhepunkt an Macht und Einfluss erreicht.

- Die Anwesenheit ausländischer Theologiestudenten in Qom soll nicht politischer Natur sein, sondern aufgrund von wissenschaftlichen Ambitionen.

Links Großayatollah Makaram-e Shirazi mit Ayatollah Khamenei (r.) in Qum.

Abriss von Ayatollah Khameneis Rede beim Treffen mit den nicht-theologischen Universitätsstudenten in Qom:

 - Bezüglich der Wahlen im vorletzten Jahr hätten einige Fehler begangen, weil sie keine Einsicht gezeigt hätten. Wenn es eine Fälschung gegeben habe, so ist der Weg zur Klärung klar. Es existieren Gesetze zur Anfechtung von Wahlen. Es gebe keinen anderen Weg, als die Begutachtung der Fälschungsvorwürfe und der Faktenlage durch neutrale Schiedsrichter. Ein anderer Weg zur Feststellung von Fälschungen sei nicht möglich. Wenn man aber diesen Weg nicht ginge und dies ausschlage, obwohl die gesetzliche Frist zur Beschwerdeabgabe verlängert worden war und vorgeschlagen worden war, dass die Kandidaten persönlich an einer Neuauszählung vor laufenden Kameras teilnehmen könnten, werden zwangsläufig Gesetzesbrüche verursacht. Dieses Verhalten habe den nationalen Interessen Irans geschadet und das Andauern dessen sei nicht akzeptabel.

- Khamenei machte deutlich, dass nicht alle, die an den Unruhen beteiligt waren, wissentlich etwas Falsches begangen hätten. Darunter seien viele Unwissende und Gutgläubige gewesen. Deshalb könne man nicht alle verurteilen.

- An die jungen Menschen gerichtet sagte Khamenei, dass wenn jemand seinem Land einen Dienst erweise, so habe er seine Geschichte und Volk gedient und andererseits seine islamische Pflicht erfüllt.

- Der Westen habe aufgrund seiner technologischen Überlegenheit Wohlstand erreicht.

Abriss von Ayatollah Khameneis Rede beim Treffen mit den kommunalen Verantwortlichen und Behörden Qoms:

- Der Stadt Qom zu dienen, sei nicht bloß ein Dienst an einer Stadt, sondern am ganzen Land. Die Stadt Qom sei die Würde des Landes. Hier sei das Zentrum der Revolution, das Zentrum der Gelehrsamkeit. Qom beherberge das größte theologische Zentrum und große religiöse Persönlichkeiten. Qom erhalte ebenso internationale Aufmerksamkeit. Der Dienst an Qom entspräche dem Dienst an der Islamischen Republik.

- Während der 9. und 10. Regierung (das heißt während der Präsidentschaft Ahmadinejads) seien große Schritte hinsichtlich der Entwicklung Qoms unternommen worden, die um ein vielfaches größer seien als die der vorherigen Regierungen.

Der Autor studierte in Qom und ist Experte für schiitische Theologie.


bernard26-01-11

Der Artikel weitet den Blick und regt zum Hinterfragen vertrauter Vorurteile an. Wenn Politik mit dem Betrachten der Realität beginnt, kann es für unsere Außenpolitik nur von Interesse sein, der Verschleierung und Mystifizierung über den Entwicklungszustand anderer Länder ein Ende zu setzen. Denn ist es Fakt, dass eine Wilayah, also eine Lenkung in jedem Einzelnen und auch auf Gesellschaftsebene existiert. Die Frage ist nur, woran man sich orientiert, ausrichtet und misst. Dies kann nach eigener Wahl die individuelle und gesellschaftliche Vernunft sein – das ist der eine Weg. Wäre es nicht angebracht, über die Kriterien dieser Orientierung auch in unserer Gesellschaft offen zu reden? Irgendwoher muss der gedankliche Input ja kommen. Wer will z. B. eine „Wilayah von Gier und Angst“ oder die „Wilayah der Konzerne und Banken“? So weit muss es nicht kommen. Vielleicht denkt jetzt einer: Aber „Wilayah“ … das klingt so komisch in meinem Ohr!? Dann nenn es eben „Good Governance“, „Leadership“ oder „politische Steuerung“, was allein zählt, ist der Inhalt. Die Definition von Fachkompetenz hängt ebenso davon ab, ob man die Begriffe Republik und Rechtsstaat mit Leben füllen will oder nicht. Ein Blick in die Medien sollte genügen, um das in unserem Land übliche Verständnis von Fachkompetenz zu erschüttern. Nachdenken hilft.

gysie29-01-11

wieso schreibt ihr hier einen 3.klassigen artikel über einen körperbehinderten diktator.
der einzige grund, warum dieser greise massenmörder noch an der macht ist, ist die brutalität, hinrichtungen und vergewaltigungen die in diesem geschundenen land an der tagesordnung ist. das weiss doch jedes kin.

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Thomas Esseling01-03-11

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(von Moderation chiffriert)26-03-13

Gott sei Dank!
[...]*

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Lori23-03-15

Interview mit Shayan Arkian​: Warum der Westen die Islamische Republik Iran nicht versteht: http://www.promosaik.com/interview-von-promosaik-mit-shayan-arkian-warum-der-westen-die-islamische-republik-iran-nicht-versteht/





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