01.03.2015 Seyed Hossein Mousavian

36 Jahre nach der Revolution: Wo steht Iran nun?


Militär Soldaten

Parade der iranischen Armee.

1979 stürzte das iranische Volk das von den Vereinigten Staaten gestützte Pahlavi-Regime und beendete damit eine praktisch 2.500 Jahre alte monarchische Herrschaft. Am 11. Februar, dem Jahrestag der Islamischen Revolution, werden wieder landesweit Gedenkkundgebungen stattfinden. In den letzten 36 Jahren, nachdem die Massenproteste von damals zum Sturz der Monarchie in Iran führten, hat das Land gegen enorme Herausforderungen kämpfen müssen.

Bereits nach der Gründung der Islamischen Republik durch ein Referendum hielt Iran eine Periode von chaotischer Instabilität aus, wo unter anderem verschiedene militante Fraktionen versuchten, die im Entstehen begriffene Ordnung zu zerrütten. Inmitten dieser Spannungen wurde Iran dann zusätzlich durch Saddam Husseins Irak überfallen. Saddams Armee wurde von den meisten Weltmächten unterstützt und im Gegenzug verteidigten Iraner aller gesellschaftlichen Schichten ihr Land gegen diese Aggression. Nach dem kostspieligen und verheerenden Krieg - Hunderttausende Iraner und Iraker starben, viele von ihnen durch den unablässigen Beschuss durch Saddams chemischen Waffen – begannen die Iraner den mühsamen Versuch des Wiederaufbaus ihres Landes.

Ein zügiger Neuaufbau wurde allerdings durch die zunehmenden Sanktionen des Westens torpediert. Dies war eine klare und auf Dauer angelegte Strategie der Zermürbung, die offensichtlich mit voller Wucht gegen Iran angewendet wurde. Seither haben sich leider die Spannungen Irans mit dem Westen kontinuierlich weiter verschärft. Das Land stand mehr oder weniger einem umfassenden Wirtschaftskrieg gegenüber, der von zahlreichen Geheimoperationen - in Form von Attentaten und Sprengstoffanschlägen und gar von Cyberattacken - begleitet wurde.

Ungeachtet all dieser Krisen hat Iran durchgehalten, und das Land bewährte sich selbst im Krieg gegen den Irak, weil es keinen einzigen Zentimeter an Boden verloren hatte, trotz der umfassenden Unterstützung, die dem Aggressor durch die Supermächte und die arabischen Staaten in der Region zuteil wurden. Und dies vollzog sich, ohne dass Iran als Unterzeichnerstaat aller Sperrverträge von Massenvernichtungswaffen ebenfalls chemische Waffen einsetzte, wie dies der Irak tat, obwohl es die Fähigkeit dazu hatte. Der Islamischen Republik ist es inzwischen sogar gelungen, zu einem der wenigen Staaten der Welt zu werden, die in der Lage ist, ihre sicherheitspolitische Unabhängigkeit zu behaupten und ihre politische und wirtschaftliche Eigenständigkeit in einem Land, das einst so enorm von äußeren Mächten abhängig war, auszubauen.

Seit der Islamischen Revolution von 1979 hat Iran in vielen Bereichen bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Von 1980 bis 2012 ist Irans Human Development Index (HDI) Wert, der unter anderem die Lebenserwartung, den Zugang zu Bildung und den Lebensstandard berücksichtigt, um 67 Prozent gestiegen - eine Wachstumsrate, die zweimal so groß ist, wie der weltweite Durchschnitt. Im Jahre 2012 lag Irans HDI-Wert bei 0,742 und ordnete sich damit in die Kategorie “Hohe menschliche Entwicklung” ein.

Der Zugang zu Elektrizität und Leitungswasser in ländlichen Gebieten, die Lebenserwartung, die Säuglingssterblichkeit sowie die Gesundheitsversorgung haben sich merklich verbessert. Die Alphabetisierungsrate, die im Jahre 1976 noch bei der Gesamtbevölkerung bei 36 Prozent lag und bei Frauen nur bei 25 Prozent, liegt nun bei 99 Prozent für Frauen und Männer zwischen 15 und 24 Jahre alt. Die universitäre Ausbildung war für die iranische Bevölkerung nie zuvor so zugänglich wie in der Gegenwart: Mehr als zwei Millionen iranische Studenten sind an Universitäten eingeschrieben, davon sind über 60 Prozent Frauen.

Iran hat außerdem deutliche Fortschritte im Bereich der Wissenschaften gemacht. Das Land meistert aus eigener Kraft den Kernbrennstoffkreislauf und rangiert unter den ersten zehn Staaten der Welt in der Stammzellen- und Klonforschung und darüber hinaus unter den ersten 20 Staaten der Welt in den Bereichen Nanotechnologie, Chemie, Medizin, Informatik und Mathematik. Es ist weltweit das neunte Land mit einem vollständigen Raumfahrtprogramm, das erfolgreich Satelliten in die Umlaufbahn bringt, und es ist weltweit das erste Land, das organische Augenimplantate herstellt. Und nicht zuletzt ist der heutige Iran autark in der Herstellung von Unterseebooten, Helikoptern, Kampfjets, Raketen und Panzern.

Es steht außer Frage, dass Iran noch einen sehr langen Weg zur Entwicklung einer besseren Gesellschaft für alle Iraner vor sich hat. Bei der Lage der Menschenrechte besteht zweifellos Raum für umfassende Verbesserungen. Das Land ist zudem von Korruption befallen. So beschreibt der Vizepräsident der Rouhani-Regierung die Korruption, die sich unter der Regierung Mahmoud Ahmadinejads ereigneten, als die „Korruption des Jahrhunderts“. Des Weiteren haben das hohe Niveau der Inflation, die Arbeitslosigkeit und der aufgeblähte Bürokratieapparat mit zum „Braindrain“, der Abwanderung vieler gut ausgebildeter Iraner, beigetragen.

Hinzu kommt, dass Irans politische Landschaft durch heftige und kontraproduktive Parteikämpfe gekennzeichnet ist. Nahezu alle früheren Regierungschefs wurden diffamiert, erniedrigt oder ihre Integritäten wurden durch ihre Rivalen ernsthaft in Frage gestellt. Dieser innenpolitische Kampf hat einige der prominentesten Revolutionäre beseitigt.

Trotz all ihrer Defizite bleibt die Islamische Republik jedoch eine politische Realität. Sie hat feste Wurzeln in Iran geschlagen und gewinnt nun im gesamten Nahen Osten an geopolitischem Einfluss. In den 36 Jahren, in denen Iran vermeintlich unüberwindbare Hindernisse bewältigt hat, ist es ein starker und stabiler Staat geblieben. Das ist das Zeugnis einer eindrucksvollen Staatskunst und demonstriert die Notwendigkeit zur Entspannungspolitik zwischen den Regionalstaaten und dem Westen mit dieser Macht, die hier bleiben wird.


Erstmals veröffentlicht am 10. Februar 2015 bei Al-Monitor. Übersetzt von Ulrike Hintze.


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Unbekannt01-03-15

"Nahezu alle früheren Regierungschefs wurden diffamiert, erniedrigt oder ihre Integritäten wurden durch ihre Rivalen ernsthaft in Frage gestellt. Dieser innenpolitische Kampf hat einige der prominentesten Revolutionäre beseitigt."

Das nenne ich mal echte Demokratie.

OPCW01-03-15

"Regarding CW, Iran was never in contravention of then existing international law. The basic agreement that was enforced during the first Gulf War (1980-1988) was the 1925 Geneva Protocol. However, there are different interpretations to the text. The text does not prohibit the possession of CW and it does not exclude retaliation against another contracting party. Therefore, if Iraq violated the agreement by using CW, it would be void, and Iranian use in retaliation would not be considered a violation."

Und dennoch hat Iran es nicht gemacht. Ein starkes Argument!

Und auch interessant:

"Iran is a party to all international agreements on CW, and it is the only country in the Middle East that is a member of all nonproliferation agreements."

Quelle: http://cns.miis.edu/archive/cns/programs/dc/briefs/030701.htm

rehenbuerge02-03-15

nur dreiste lügen... eine nation, die nicht mal die freiheit hat, ihre kleider selber zu wählen, eine nation, die als unmündige behandelt wird und muss das tun, was ein lausiger gottvergessener mullah ihr sagt ist das verkörperte unglück

Sobhan03-03-15

@rehenbuerge

Das iranische Volk hat in mehreren Referenden sich für die Islamische Republik entschieden und wählt regelmäßig ohne Verzögerungen trotz Krieg und Sanktionen ihre Abgeordneten bei hoher Wahlbeteiligung usw usf. Insofern ist es der Wille der iranischen Nation, dass es in der Öffentlichkeit eine striktere Kleiderordnung gibt als im Westen und ihr Wille ist demnach ebenfalls, die Aufsicht und Richtlinienkompetenz den religiösen Experten zu delegieren.

AKINOMA03-03-15

@rehenbuerge
Hoffentlich werden die lausigen, gottverlassenen Gegner der IR Iran doch einmal den wahren Wert der Ziele der Revolution verstehen. Möge ihr Geist erwachen und endlich den Unwert der von ihnen so viel gepriesenen unmoralischen Freiheiten erkennen.

Le Mec07-03-15

Zu behaupten, dass man sich in Iran die Kleider nicht selbst aussuchen dürfe, nur weil die Schamgrenze ein paar Körperteile mehr umfasst als im Westen, ist wie wenn ein Buschmann eines Pygmänstammes, der nackt rumläuft sagen würde, in Deutschland dürfe man sich die Kleider nicht aussuchen, weil man ja einige Körperteile bedecken muss. Die eigene Schamgrenze anderen Kulturen aufzwängen zu wollen ist in meinen Augen Totalirismus.





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