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12.08.2012

Die Schwächen der IAEA aus iranischer Sicht


Iran IAEA

Im Folgenden ein Auszug aus der Stellungnahme des iranischen Botschafters Dr. Ali Asghar Soltanieh beim Gouverneursrat der „Internationale Atomenergiebehörde“ (IAEA) in Wien. Sie behandelt die Schwächen der Atombehörde aus iranischer Sicht. Übersetzt von Leo Schmitt.

[…]

In diesem Meeting möchte ich den Status Quo der IAEA einer Revision unterziehen und ihn mit den im Statut niedergelegten Perspektiven vergleichen. Es ist notwendig, dass wir uns hin und wieder die Maßnahmen des Statuts in Erinnerung rufen, um ein Abweichen von den Prinzipien und der Grundlage zu verhindern, auf denen die IAEA gegründet wurde. Bei dieser kritischen Revision müssen wir zwischen der IAEA als Ganzes und dem Sekretariat unterscheiden. Ich habe mich entschieden - anstatt des Iran-Berichts des Generaldirektors - die Hauptprobleme der Behörde zu behandeln, da Ersterer das Ergebnis grundlegender Probleme der Entscheidungsprozesse der IAEA ist. Eine Erklärung mit Anmerkungen zum Bericht wird aber nichtsdestotrotz in Form eines INFCIRC herausgegeben.

Was sind die im Statut dargelegten Ziele und Funktionen der IAEA?

Artikel II und III verkünden:

1. Das Ziel der Behörde ist es, den Stellenwert der Atomkraft in Sachen Frieden, Gesundheit und Wohlstand in der ganzen Welt zu forcieren und auszuweiten. Für das Erreichen dieses Zwecks hat sie die Aufgabe die Forschung, Entwicklung und praktische Anwendung von Atomenergie zu friedlichen Zwecken auf der ganzen Welt zu ermutigen und diese zu unterstützen.

2. Die Behörde hat, mit der notwendigen Berücksichtigung der Bedürfnisse der unterentwickelten Gebiete der Welt, in Übereinstimmung mit diesem Statut, Materialien, Dienstleistungen, Ausrüstung und Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, um die notwendige Forschung, Entwicklung und praktische Anwendung von Atomenergie zu friedlichen Zwecken, einschließlich der Produktion elektrischen Stroms, zu erfüllen. Auch zu den Zielen und Funktionen gehören die Förderung des Transfers wissenschaftlicher und technischer Informationen sowie der Austausch bei der Ausbildung von Wissenschaftlern und Experten im Bereich der friedlichen Nutzung der Atomenergie.

3. Die Einrichtung und Verwaltung von „Safeguards“ (Sicherungsmaßnahmen), um zu garantieren, dass gewisse spaltbare und andere Materialien, Leistungen, Ausrüstungen, Einrichtungen und Informationen, welche die Behörde zur Verfügung gestellt hat bzw. die von ihr gefordert wurden oder unter ihrer Aufsicht und Kontrolle stehen, nicht in einer Art und Weise genutzt werden, dass irgendwie eine militärische Absicht damit vorangebracht wird. Zu den Aufgaben und Zielen gehört es auch, die „Safeguards“ auf Antrag der Vertragsmitglieder auf jedes bilaterale oder multilaterale Abkommen oder auf Antrag eines Staates auf alle Aktivitäten dieses Staats im Bereich der Atomenergie anzuwenden.

Nun lassen Sie uns die Situationen heute und in der Vergangenheit überprüfen:

Die seit fünf Jahrzehnten bestehende, ungelöste Problematik der Finanzierung der technischen Zusammenarbeit, die momentan aus freiwilligen, weder garantierten noch einkalkulierbaren Spenden - statt wie bei den Safeguards aus einer regelmäßigen Zahlung - finanziert wird, stellt ein deutliches Problem im Status Quo und eine Abweichung vom Statut dar.

Ich muss daran erinnern, dass der eigentliche Sinn des Bestehens der Behörde darin liegt, die friedliche Nutzung der Atomenergie in der Welt zu fördern und dass die technische Kooperation das Hauptwerkzeug zur Erfüllung dieses Zweckes ist.

Die „Safeguards“ der Behörde sind freiwilliger Natur. Sie werden nur auf Antrag von Mitgliedsstaaten, entweder zur Vereinfachung der Durchsetzung bilateraler Abkommen zwischen den Mitgliedsstaaten oder in der Absicht der freiwilligen Einhaltung eines Vertrags, wie des Atomwaffensperrvertrags (NPT), angewandt. Die „Safeguards“ sollten "auf atomarem Material beruhende Überwachungsmaßnahmen" und nicht, so wie wir es während der letzten zehn Jahre gesehen haben, "auf Geheimdienstberichten beruhende" sein. Es war nicht beabsichtigt, das die Behörde die Rolle eines Wachhundes und Fahnders spielt, der sich in die inneren Angelegenheiten und Bereichen der nationalen Sicherheit der Mitgliedsstaaten einmischt. Anlässlich von Fällen in Irak, Nordkorea und später beim iranischen Atomdossier haben ein paar wenige Mitgliedsstaaten, die dauerhaft im Gouverneursrat sitzen, den Entscheidungsprozess manipuliert und der Abteilung für „Safeguards“ Mandate aufgezwungen, die in vollem Widerspruch zum Statut stehen. Die Inspektoren, die eigentlich dazu gedacht waren, spaltbares nukleares Material und entsprechende atomare Anlagen, die die Mitgliedsstaaten entsprechend der „Safeguards“ bekanntmachen, zu inspizieren, werden von einer Reihe von Staaten dazu gedrängt, an Geheimdienstaktivitäten teilzunehmen und erhalten von den Geheimdiensten jener Länder konstruierte Informationen über angebliche Aktivitäten, die nichts mit nuklearem Material zu tun haben. Noch besorgniserregender ist die dauerhafte Interaktion und in manchen Fällen die Anwesenheit von Inspektoren in den Vertretungen jener Staaten, unter dem Vorwand, dass die Anschuldigungen dort weiterverfolgt würden. Nach dem der Vertreter eines dieser Staaten Informationen über die jüngsten Aktivitäten der Behörde über den beschuldigten Staat bekommt, bereitet der anschuldigende Staat daraufhin noch mehr maßgeschneidertes Material für den Prozessablauf vor. Das ist auf keinen Fall akzeptabel. Von den Inspektoren der Behörde wird erwartet, dass sie Experten für atomares Material und Aktivitäten sind und keine Militärexperten. Seit einem Jahrzehnt und insbesondere unter den letzten beiden stellvertretenden Generaldirektoren hat das Department für „Safeguards“ schrittweise und still Experten mit einer solchen nicht-nuklearen Expertise eingestellt und ihnen Zugang zu höchst vertraulichen Informationen gewährt, obwohl gemäß Regulierung Inspektoren nur dann erlaubt ist, Zugang zur Informationen vom betroffenen Staat zu erhalten, wenn Mitgliedstaaten die designierten Inspektoren bestätigen.

Die Anwesenheit von so genannten "Cost Free Experts" im „Safeguards Department“, die sich ja mit vertraulicher Information auseinandersetzt, ist ein klarer Verstoß gegen solche Anforderungen. Das Durchsickern vertraulicher Informationen ist ein Gegenstand ernsthafter Besorgnis, der die nationale Sicherheit eines Mitgliedstaates negativ berührt. Bei den „Safeguards“ mischte die Behörde in der Inspektion sogenannter Netzwerke mit. Laut frei verfügbarer Quellen und laut unseren eigenen Informationen hier im Haus, waren ehemalige stellvertretende Generaldirektoren und Inspektoren in absolut nicht-atomaren Tätigkeiten, darunter strafrechtlichen Verfolgungen und geheimdienstlichen Aktivitäten, wie zum Beispiel Gespräche in Gefängnissen oder mit Mitgliedern gewisser Netzwerke involviert, all das außerhalb des im Statut festgelegten Mandats. Die IAEA ist kein Geheimdienst, sondern eine internationale technische Organisation. Solche Aktivitäten veränderten und verändern immer noch die Haltung und das Verhalten der Atomexperten, in dem sie aufdringlicher werden und sich als Rolle eines Fahnders wieder finden, statt bloß die Deklarationen der Mitgliedsstaaten zu verifizieren. In letzter Instanz wird damit die gewünschten vertraulichen Beziehungen zwischen dem Sekretariat und den Mitgliedsstaaten beschädigt.

Der andere Anlass zur Besorgnis ist die Umwandlung von freiwilligen Maßnahmen, wie des Zusatzprotokolls, in ein rechtlich bindendes Werkzeug.

Laut dem Statut ist die Behörde eine unabhängige und autonome Organisation und keine untergeordnete Einheit der Vereinten Nationen, ja nicht einmal eine auf die UNO ausgerichtete Institution. Die Arbeitsvereinbarungen zwischen der IAEA und der UNO dürfen nicht dahingehend manipuliert oder auch nur interpretiert  werden, dass der UN-Sicherheitsrat der Behörde vorschreiben kann, was sie zu tun hat, wie sie es zu tun hat oder wann sie es zu tun hat. Der Generaldirektor der Behörde ist gewählt und gänzlich gegenüber den Mitgliedsstaaten der Behörde und nicht gegenüber der UN-Mitgliedschaft, dem UN-Sicherheitsrat oder dem UN-Generalsekretär verantwortlich. Die Einmischung des UN-Sicherheitsrats in die Angelegenheiten der Behörde erschuf eine politische und eine sicherheitspolitische Dimension und sie verhinderte, dass die Behörde mit ihren sauberen, technischen Verifizierungsaktivitäten weiterarbeiten konnte.
   
Es gibt eine Reihe weiterer Bedenken, wie zum Beispiel die Schwäche der politischen Entscheidungsträger der IAEA im Umgang mit dem Problem der atomaren Sicherheit. Eine exklusive Interpretation führte dazu, dass über einhundert Mitgliedsstaaten keine Teilhabe und Beiträge zu einer solchen weltweit wichtigen Angelegenheit haben könnten. Der Mangel als Verifizierungsorgan bei der nuklearen Abrüstung, Proliferationssorgen hinsichtlich der Drohungen von europäischen Ländern, die zwar Atomwaffen beherbergen, aber nicht als Atomstaat Mitglied des Atomwaffensperrvertrages (NPT) sind, und nicht zuletzt die Bedrohung des Friedens und der Sicherheit der Region und der Welt als Ganzes durch israelische Atomwaffen  sind alle Anlässe zu großer Sorge. Aus zeitlichen Gründen verzichte ich hier auf weitere Aufzählungen.

Vor dem Hintergrund dieser Sorgen kann kein Zweifel daran bestehen, dass ein paar bestimmte Länder den Gouverneursrat der IAEA dominieren und ihn in vielen Fällen manipulieren. Sie sind für diese Verletzung des Geistes des Statuts, seines Inhalts und für seine Schwächen verantwortlich. Gleichzeitig sind wir alle als Mitglieder der Behörde schuldig, weil wir keine sofortigen Korrekturmaßnahmen eingeleitet haben. Da von der Generaldirektion erwartet wurde, unser Mandant zu verwirklichen, standen notwendigerweise diese Abweichungen bisher nicht im Fokus. Dieser Kontext illustriert die dringende Notwendigkeit einer Reform des Gouverneursrats in Bezug auf seine Funktionen, seine Zusammensetzung und auf die Verteilung der gewählten und designierten Sitze, sodass die Sitzzahl entsprechend der neuen geographischen Proportion der Mitglieder der Behörde erhöht wird. Meine Delegation und viele gleichgesinnte Freunde sind entschlossen, diese Angelegenheit in der Generalkonferenz, die als das höchste politische und entscheidungsbefugte Organ der Behörde gilt, weiterzuverfolgen.

[…]


Meryem13-08-12

Vielen Dank für diese Wiedergabe, das ist ja mal eine gute Zusammenfassung und klare Worte!





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