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25.08.2011 Shayan Arkian

Sinn und Philosophie der Zeitehe


Im Bazar der Geschlechter

Aus dem Film „Im Bazar der Geschlechter“: Ein junger Blogger (l.), der im Gespräch mit einem Hauptprotagonisten des Films (r.) Unmut über den Import von westlichen Beziehungsmustern äußert. Seine Webseite zur Propagierung der Zeitehe wird von den zum Teil inkompetenten Zensurbehörden Irans geblockt, obwohl das Regime seit jeher eine "Pro-Zeitehe-Politik" verfolgt.

Der 87-minütige Kinofilm „Im Bazar der Geschlechter“ lief erstmals 2009 in den österreichischen Kinos und erlebte in diesem Jahr ein „Comeback“ in den deutschen Kinos (s. Trailer). Premiere hatte er am 3. August 2011 in Köln.

Das Thema des Dokumentarfilms ist die Zeitehe, die vorwiegend in schiitischen Ländern wie Iran, Irak oder Bahrain praktiziert wird. Die iranisch-österreichische Regisseurin Sudabeh Mortezai besuchte aus diesem Anlass im Jahr 2008 Iran, um vor Ort mit der Kamera die Protagonisten, die eine Zeitehe haben oder hatten, zu dokumentieren. Dabei versucht sie nach eigenen Angaben nicht zu bewerten, und lässt die Zuschauer ihre Meinung zu der Thematik bilden. Dies ist ihr in der Tat auch gut gelungen, indem sie die subjektiven Erfahrungen und Ansichten der Hauptpersonen unkommentiert zu Wort kommt lässt – ohne dass diese den Anspruch auf Objektivität erheben können und dürfen.

Genau deshalb aber bleibt der Blick ihres Filmes auf die Institution der Zeitehe unvollendet. So ist die Dokumentation hauptsächlich auf einen erklärenden Theologen und vier Menschen mittleren Alters beschränkt, deren Leben in der Regel von negativen Schicksalsschlägen betroffen sind und aus einem bestimmten religionsfernen Milieu kommen. Mortezai erklärt diesen Mangel dadurch, dass es ziemlich schwer war, Darsteller vor die Kamera zu bekommen, die sich in einer Zeitehe befinden. Nur die Kleriker unter den Konservativen zeigten Interesse, die Vorzüge der Zeitehe vor laufenden Kameras zu erläutern. Andere Konservative, die beispielsweise die Zeitehe als Verlobung praktizieren, konnten dagegen nicht gewonnen werden. Hintergrund ist, dass die Zeitehe – trotz der Propagierung von Staatsseite – ein gesellschaftliches Tabu geblieben ist. Großayatollah Mohammad Ali Gerami erklärt im Film, dass es mit dem Verbot in der Pahlavi-Ära zusammenhängt, womit er impliziert, dass diese Tabuisierung in den vorangegangen Jahren nicht existiert hatte.

Tatsächlich erweist die schiitische Zeitehe Ähnlichkeiten zu anderen Eheformen in verschiedenen Ländern (z. B. zu den „Komm- und Probenächte“ im deutschsprachigen Raum oder zum „handfasting“ in Schottland vor der Reformation, weitere  Formen gab es im alten Japan usw.) und Parallelen zu anderen vorgeschlagenen Eheformen von verschiedenen Denkern (z. B. vom britischen Moralphilosoph Bertrand Russel, dem US-amerikanischen Sozialreformer Ben Lindsey, von der nordamerikanischen Ethnologin Margaret Mead oder der Autorin Charlotte Buchow Homeyer). Dort laufen sie unter anderen Begriffen wie Freundschaftsehe, Probeehe, individuelle Ehe oder Versuchsehe. Eine Gemeinsamkeit haben sie dennoch alle: eine vorher festgelegte zeitliche Begrenzung der Beziehung und die Auferlegung von Rechten und Pflichten. In diesem Kontext ist die persische Bezeichnung für außereheliche Beziehungen von Bedeutung: Sie lautet „rechtlose Beziehung“ (raabete gheyre mashru’).

Befürworter der Zeitehe halten daher die Anschuldigung, dass die Zeitehe als Instrument der Ausbeutung der Frau dient, für verfehlt, da die Zeitehe die Intention des Mannes offenbart - zwangsläufig mit der Bekanntgabe der Dauer der Zeit - und den Frauen – anders als in einer außerehelichen Beziehung - Rechte gibt. In diesem Sinne ist die Zeitehe auch ein Versuch, die Liebe zu rationalisieren. Anders als im Westen, wo die Paare außerhalb der Ehe zusammenkommen, wo keine Klarheit und Gewissheit über die jeweilige Stellung zueinander, über die Absicht des Gegenübers und über die Dauer der Beziehung herrscht, soll die Zeitehe Fakten schaffen und somit böse Überraschungen verhindern.

Eine Ehe lässt sich nicht von der ewigen Dauer her definieren, denn sonst müsste eine Scheidung kategorisch ausgeschlossen sein. Stattdessen definiert sich eine Ehe aufgrund von Rechten und Pflichten, so die Befürworter. Und diese sind – im Gegensatz zur Dauerehe – flexibler zu gestalten. Folglich ist es in der Zeitehe möglich, den Sinn und Zweck der Ehe vertraglich festzuhalten, ebenso sind die Reglements für Unterhalt, Erbe und sogar sexuelle Handlungen bestimmbar. Es ist nicht selten der Fall, dass sich die Anwärter in konservativen Familien in einer „Zeitehe minus Sexualität“ kennenlernen dürfen. Die Vertragsfreiheit in der Zeitehe ermöglicht eine äußerst flexible Handhabung.

Aus diesem Grund wird die Rechtsfigur der Zeitehe vom iranischen Klerus als Beweis für die Anpassungsfähigkeit und Universalität des Islams dargestellt. Der Vorwurf der Prostitution wird zurückgewiesen, zumal die Frau innerhalb der Zeitehe die Mehrehe des Mannes rechtlich ausschließen kann und eine Ehe mit einem neuen Partner erst nach zwei Regelblutungen (bzw. nach 45 Tagen) eingegangen werden kann. Zudem gilt ein gezeugtes Kind innerhalb der flexiblen Ehe als eheliches Kind und der Vater ist per se zum Unterhalt verpflichtet.

Nichtsdestotrotz kann und soll die temporäre Ehe nach iranischer Vorstellung nicht die Dauerehe ersetzen, sondern sie dient als Ergänzung und zur Lösung von Sonderfällen und Notlagen. Demnach gibt es insbesondere seit dem 20. Jahrhundert vermehrt progressive sunnitische Gelehrten, die in bestimmten gesellschaftlichen Situationen die Praktizierung der Zeitehe für möglich halten.


Der Autor studierte in Qom und ist Experte für iranische Politik und schiitische Theologie.


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Anonymous25-08-11

Immer wieder interessant zu beobachten, das verstaubte Filme über Iran Kinoreif werden. Das war bei "Iran: Elections 2009“ bzw. "The Green Wave" von Ali Samadi Ahadi auch so. Erst kommt er mehrfach im Fernsehen und dann in den Kinos. Verkehrte Welt.

Le Mec25-08-11

Anonymous,

Gott weiß woher die ganzen Filme, vor allem "The Green Wave" ihre finanzielle und vermarktungstechnische Unterstützung bekommen haben um so promoted zu werden.

Reanat25-08-11

Herr Le Mec. Es besteht nunmal ein grosses Mass an öffentliches Interesse an dem Leid und Unterdrückung des iranischen Volkes.

@Reanat26-08-11

Nein, nein, das hat mit effektiver Lobbyarbeit zu tun.

Le Mec26-08-11

Sie meinen es besteht ein hohes Maß an Interesse an einer nicht-Dokumentation, die eben nicht die Realitäten der Ereignisse in Iran darstellt? Fall Sie es nicht gemerkt haben, The Green Wave war zur Hälfte gezeichnet. Die nicht gezeichneten Bilder können Sie ebenso in jeder anderen wehrhaften Demokratie sehen, wenn Menschen en masse versuchen illegales zu tun, wie z.B. einen Polizeibus zu zerstören. http://www.youtube.com/results?search_query=irananders&aq=f

Mariam26-08-11

In überwiegend sunnitischen Ländern gibt es eine ähnliche Eheform, die "Orfi-Ehe" die allerdings die Frau auch rechtlos lässt und jederzeit durch Zerreißen des Ehevertrages beendet werden kann. Ich weiß nicht, wie oft die praktiziert wird, gehört habe ich darüber nur von ausländischen Frauen und einheimischen Männern, die sonst befürchten müssten, von der Polizei erwischt und bestraft zu werden. Ansonsten gibt es glaube in allen islamischen Konfessionen Vorbehalte, jedenfalls wenn es um eine erste Ehe geht. In Deutschland habe ich zweimal von einer Zeitehe gehört, einmal, weil sich die "richtige" Hochzeit noch verzögert, bis die Schwiegerfamilie einreisen kann und einmal praktisch als Verlobungszeit, bei der das Mädchen nach Ablauf von drei Monaten, sehr glücklich war, mit diesem Mann nicht dauerhaft verheiratet zu sein. Bei denen waren allerdings Intimitäten ausgeschlossen. Mit dem Mißbrauch als Prostitution bin ich mir nicht sicher, kommt das nicht vielleicht doch vor? Die Frau kann ja selber sagen, ihre Wartezeit sei um, auch wenn das nicht stimmt. Der Mann kann dann seine Hände in Unschuld waschen und die Sünde liegt bei ihr. Dass es allerdings Geistliche geben soll, die quasi im Vorraum des Bordells diese Paare am Fließband verheiraten, will ich mir irgendwie nicht vorstellen.
Ich hoffe ich schaffe es noch den Film anzusehen, hatte noch nicht die Gelegenheit.

Renate26-08-11

Ich persönlich bin sehr an dem Leiden und Unterdrückung des iranischen Volkes interessiert. Ich habe die Iraner als ein sehr liebenswertes und gastfreundliches Volk kennengelernt, die alle wirklich auch alle gegen die Mullahs sind.

Bei meinen 3 Studienreisen innerhalb der letzten 27 Jahre habe ich die Städte Shiraz, Isfahan, Mashhad, Ardabil und Yazd bereits. Ich spreche als Deutsche und ausdrücklich nur für mich. Ich finde, die Grüne Welle, war nur ein kleiner Teil von dem was im Iran geschieht. Ich glaube die Zahl der Unzufriedenen und eigentlich auch Gegner der Ahmadinjead Regierung und dem Grossajatola Khamenei geht gegen die absolute Mehrheit. Und ich bin fest davon der Überzeugung, dass die Revolution sehr bald auch den Iran umfasst.

Le Mec26-08-11

@Renate
wenn sie dann feststellen, dass "die Revolution" auch in einem oder zwei oder mehr Jahren nicht gekommen ist, dann seien Sie doch wenigstens so ehrlich zu sich selbst und sehen ein, dass Sie auf ihren Reisen in Iran ausschließlich mit ohnehin westlich orientierten Menschen zu tun hatten und deshalb ein sehr einseitig geprägtes Bild von Iran haben. Keiner bezweifelt, dass es einige Menschen in Iran gibt, die gegen die Herrschaftsform des Velayat e Faqih sind. Die Tatsache ist aber einfach, dass die Mehrheit der Iraner - und da sind Studien von der University of Maryland und anderer renommierter Institute glaubwürdiger als Touristen, die sich mit ein paar Gucci-Persern unterhalten haben - nunmal für das herrschende System in Iran ist. Ob es uns gefällt oder nicht. Unsere Aufgabe im Westen ist es, die richtigen Umgangsformen mit diesem Land auf Basis dieses Wissens herzustellen. Und da sind wir mit ständiger Anti-Regime Propaganda mit den falschen Ansätzen beschäftigt.

PS, entschuldigen Sie meine z.T. harrsche Wortwahl, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass ein wenig Wachrütteln nicht falsch ist.

hans27-08-11

Zeitehen dienen der systematischen Unterdrückung der Frauen im Iran. Der verzweifelte Versuch des Autors die Zeitehe zu legimitieren dient der theoretischen Rechtfertigung dieser systematischen Unterdrückung.
Renate Ihnen möchte ich für Ihre Unterstützung für das unterdrückte iranische Volk danken. Entgegen der Behauptung Le Mecs, denke ich, dass die Diktatur bald fallen wird, ähnlich wie in Ägypten, Lybien und anderen Länder. Ihre Einschätzung, dass die Iraner gegen die Mullahs sind deckt sich mit meinem Erfahrungen.
Die diskriminierende Argumentationsweise Le Mecs belegt seine Eindimensionalität. Es bedarf keiner Studien, um festzustellen, dass die islamistische Diktatur keine oder kaum Unterstützung hat. Millionen Menschen haben nach den Wahlen in 2009 unter Lebensgefahr Ihre Meinung in allen Städten Irans kund getan.

Mariam27-08-11

Also in der letzten Umfrage die ich dazu gelesen habe, war die Hälfte für das Velayat e Faqih und insgesamt waren die Leute positiv gestimmt.
Wenn es allerdings "nur" noch die Hälfte der Leute ist, die hinter dem Regierungssystem steht, dann muss das Land wohl etwas tun, um die anderen wieder ins Boot zu holen. Ein beträchtlicher anderer Teil war übrigens dafür, dass der Präsident das letzte Wort haben sollte.
Wenn man die Deutschen fragt, stehen sie zwar zu 2/3 hinter der Demokratie als Staatsform, aber noch mehr finden, dass das Volk hier nichts zu sagen hat. Also die Demokratie ist eher eine Vorstellung als eine Tatsache. Jedenfalls brauchen wir die Nase nicht hoch tragen.

SA27-08-11

@hans

Und woran erkennen Sie die Unterdrückung der Frau in der Zeitehe, wenn sie von derselben geschützt wird?

SA27-08-11

@Mariam

Die Zeitehe inkludiert nicht die Prostitution, sondern schließt sie aus.

Sobhan27-08-11
Reza27-08-11

Prostutition zeichnet sich durch Anonymität der Handelnden aus und hat zur Folge, dass es keine einheitlichen Spielregeln dadurch geben kann. Auch die Gefahren dieses Milieus resutieren aus dieser Anonymität.
Ich bin zwar weder ein Freund der Zeitehe noch der Prostitution, dennoch ist die Zeitehe durch die Registrierung der Handelnden und der vereinbarten Bedingungen nicht mit der Prostitution zu vergleichen.

Mariam27-08-11

@SA: Mir ist schon klar, dass das die Absicht bei der Zeitehe ist, ich hinterfrage nur, ob das auch tatsächlich so eingehalten wird und man wirklich die Geschichten dazu ins Märchenland verweisen kann.

Demokrat27-08-11

@SA, Sie haben recht ich habe meine Meinung überdacht. Es stimmt die Zeitehe schützt die Frauen, genauso wie der staatliche Zwang zur Verschleierung.
Übrigens, das Verbot der Versammelungsfreiheit, die Zensur der Medien, die Geschlechtertrennung in allen Bereichen sowie das neu einzuführende Halal Internet schützen auch die Rechte der Menschen und insbesondere der Frauen.

Einige Beispiele wie Zeitehe Frauen schützt und nicht zur Prostitution beiträgt.

SA28-08-11

@Mariam

Diejenigen, die Prostitution begehen wollen brauchen die Zeitehe nicht und diejenigen, die die Zeitehe eingehen wollen, benötigen die Prostitution nicht.

SA29-08-11

@Demokrat

Die Zeitehe und Verschleierung sind zwei verschiedene paar Schuhe.

"Tatsächlich erweist die schiitische Zeitehe... Parallelen zu anderen vorgeschlagenen Eheformen von verschiedenen Denkern (z. B. vom britischen Moralphilosoph Bertrand Russel, dem US-amerikanischen Sozialreformer Ben Lindsey, von der nordamerikanischen Ethnologin Margaret Mead oder der Autorin Charlotte Buchow Homeyer)."

Hamid04-09-11

Unter Reza Pahlavi gab es illegale Bordelle. In der Zeit von Ahmadinejad und co gibt Bordelle in Namen der Religion und es ist offiziell vom Staat gefördert. Falls jeman in Mashad ist keine zehn minuten vom Imam Reza entfern ist so ein Siqe Bordell vo viele Frauen drin arbeiten und vorne an der Tür ist ein Geistlicher der das Geld kassiert und sein Gebet spricht. Die Frauen machen sowas nicht freiwillig sondern weil sie arm sind und vom Staat keine Unterstüzung bekommen. Im gegenteil der Staat verdien an der prostitution.

SA05-09-11

Das stimmt nicht. In Iran gibt es keine "Siqe-Bordelle" oder dergleichen. So etwas ist allein deshalb nicht möglich, weil nach einer Zeitehe, die Zeitehefrau zwei Monatsperioden abwarten muss, um eine neue Ehe eingehen zu können.

Humanist05-09-11

Die Prostitution wird im Iran von den Mullahs gefördert, weil Sie damit sehr viel Geld verdienen.
Von offiziellen Bordellen in Mashad habe ich auch schon gehört. Wie in vielen anderen Bereichen zeigt sich auch an der Thematik Prostitution die menschenverachtende Doppelmoral der Mullahs. Enorm steigende Aidserkrankungen im Iran sind auch ein weiterer Indikator für Prostitution.

http://www.g26.ch/texte_prostituirte_iran.html
http://www.youtube.com/watch?v=wiwsZOOBVSc
http://www.youtube.com/watch?v=6nWJVZ3IS0Q

Lale05-09-11

Mal abgesehen davon, ob die Zeitehe nun der Prostitution den Weg ebnet oder nicht, was ich bezweifeln will, da es Reheln gibt, die dies verhindern, müsste man nicht nach dem Sinn dieser Eheform fragen? Meines Erachtens nach hat diese Eheform nur dort Sinn, wo es eben nicht so einfach möglich ist, dass sich die Geschlechter näher kennenlernen, ohne Strafe befürchten zu müssen. Und da es in Iran so ist, dass ein derartiger Umgang wie hier nicht möglich ist, halte ich die Zeitehe dort für sinnvoll. Rein religiös betrachtet ist sie erlaubt. Zweifelhaft bleibt nur, in welchen Situationen. Ich verstehe es so, dass sie in Notsituationen praktiziert wird und die Situation in Iran könnte als solche betrachtet werden, denn die Zeitehe hilft den jungen Menschen, sich näher kennen zu lernen, ohne gleich dauerhaft zu heiraten. In Ländern wie Deutschland allerdings halte ich diese Eheform für sinnlos, da sie zwar qua Religion gültig ist, aber hierzulande natürlich nirgends gültig sein wird. Sie ist hier folglich für keinen nützlich, sondern kann lediglich als romantische Geste (höchstens) begriffen werden. Was ich für sehr wichtig halte ist die Diskussion, die die Prostitution betrifft. Wäre es eine Prostitutionsform, so müsste man die Zeitehe nicht unter Ehe anführen. Es hat schon seinen Sinn, weshalb sie unter Ehe steht. Zudem kann alles vertraglich geregelt werden. Die Frau hat im Idealfall also ein gleichberechtigtes Mitspracherecht. Und schließlich darf man aus der Praxis, die zweifellos die Zeitehe oft missbraucht, nicht auf das ürsprüngliche Konstrukt dieser Eheform schließen und beides gleichsetzen. Ich schätze, dieser Fehler unterläuft fast zwangsläufig in jeder Diskussion zu diesem Thema.

Steffen05-09-11

@Humanist

"Das stimmt nicht. In Iran gibt es keine "Siqe-Bordelle" oder dergleichen. So etwas ist allein deshalb nicht möglich, weil nach einer Zeitehe, die Zeitehefrau zwei Monatsperioden abwarten muss, um eine neue Ehe eingehen zu können."

Und: "Diejenigen, die Prostitution begehen wollen brauchen die Zeitehe nicht und diejenigen, die die Zeitehe eingehen wollen, benötigen die Prostitution nicht."

@Lale

Die Zeitehe ergibt für mich auch in Deutschland Sinn, deshalb gibt es ja immer wieder diese Diskussion im Westen, ob man nicht solch eine Form der Ehe einführen sollte.

SA05-09-11

Einer der Grundvoraussetzungen bei der Schließung der Zeitehe ist, dass beide Partner die Absicht zur Ehe haben müssen. Mit einer Prostitution ist keine Zeitehe möglich, weil sie nicht die Absicht zur Ehe formuliert. Und falls sie diese hat und tut, so ist sie in einer Ehe und kann nicht mehr ihren Beruf nachgehen und eine weitere Ehe nach dieser Ehe ist erst nach zwei Monatsperioden möglich.

Lale05-09-11

@Steffen und wenn man hier die Zeitehe hätte, wozu könnte das führen und inwiefern wäre sie sinnvoll? Da die Zeitehe nur religiös begründet ist, wie könnte sie dann hier Gültigkeit haben?

@SA ich verstehe die Argumentation, allerdings könnte man dann auch meinen, eine Frau, die beispielsweise "nur" 4 mal im Jahr heiratet, das wäre nach Ihrer Erklärung ja möglich, sei keine Prostituierte. Und wenn sie sich dafür nun gut bezahlen ließe? Ich betone, dass die Institution der Zeitehe keinesfalls diese Option im Sinn hat, jedoch könnte man sie zu einem solchen Zweck missbrauchen. Eine dauerhafte Ehe schließt so etwas aus.

Steffen05-09-11

@Lale

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass wenn in Deutschland so eine Form der Ehe geben würde, viele Paare sich diese beim Standesamt registrieren lassen würden, anstatt einfach so zusammen zu sein.

SA05-09-11

Nach islamischer Vorstellung wäre sie keine Prostituierte, selbst nach westlichem Verständnis nicht. Und auch in einer islamischen Dauerehe kann eine Frau mehrmals in einem Jahr heiraten.

Aber das sind alles Theorien, jegliche Jurisprudenzen sind jedoch für die Regel und Praxis bezweckt und nicht für Ausnahmen und Hypothesen.

Lale05-09-11

@Steffen dennoch bleibt fraglich, wozu man festlegen sollte oder wollen sollte, wie lange man zusammen als Paar leben will. Auf diese Weise wird beinahe alles, wofür Partnerschaft in seiner gesellschaftlichen und emotionalen Funktion steht, entwertet. Die Zeitehe ist nicht der Normalfall, sondern soll als Notlösung gedacht werden. Hierzulande besteht kein Bedarf nach solch einer Notlösung. In Iran sieht es anders aus. Dort haben Paare keine Möglichkeit, sich zu erproben. Und wer dauerhaft zusammenbleiben will, der wird nach Ablauf der festgelegten Zeit ja wohl die Dauerehe eingehen. So wie ich es verstehe, müsste man eher diese Aspekte sehen und die Zeitehe in Iran somit auf gar keinen Fall als Prostitution betrachten. Ihr Ziel ist eben nicht die Prostitution, sondern die Ermöglichung einer Beziehung zwischen zwei Menschen, die noch nicht den Schritt der Dauerehe vollziehen wollen oder wissen, ob sie dies mit diesem Partner wollen.

Humanist06-09-11

@Steffen und SA,
es ist müßig und irrelevant über die theoretische Ausgestaltung der Zeitehe zu argumentieren. Interessant ist Ihre Betrachtung im Kontext der Gegebenheiten der islamistischen Rapepublik.
Es wird sicher keiner negieren, dass Frauen systematisch durch die Islamisten unterdrückt werden. Ferner ist genauso unbestritten, dass Sie nicht die gleichen Rechte haben, wie Männer.
Insoweit muss man die Zeitehe im Iran losgelöst vom theoretischen Konstrukt als weiteres Unterdrückungsinstrument der Islamisten gegen Frauen betrachten.
Eine rein theoretische Debatte ist nicht interessant. So gesehen, garantiert die iranische Verfassung ja auch Presse- Meinungs und Versammelungsfreiheit. Die Realität zeigt jedoch, dass keines dieser verfassungsmäßig garantierten Rechte im Iran existieren.

Steffen13-09-11

@Humanist

Bei aller Respekt, aber Sie reden die ganze Zeit um den heißen Brei! Nennen Sie doch nur ein einziges Beispiel, wo die Zeitehe die Frauen unterdrückt! Viel mehr wird der Mann unterdrückt, in dem er ihr noch eine Brautgabe geben muss. Sorry, dass ich nun mich so drastisch ausdrücke, aber vielleicht wird es dann als Gegenüberstellung deutlich: Im Westen muss ich keinerlei Verpflichtungen eingehen, um eine Frau flachzulegen. Ich muss ihr nur ein wenig schöne Augen machen und schon habe ich mein Ziel erreicht und die Arme denkt, ich habe mich wirklich in sie verliebt. Denken Sie mal darüber nach!

„Befürworter der Zeitehe halten daher die Anschuldigung, dass die Zeitehe als Instrument der Ausbeutung der Frau dient, für verfehlt, da die Zeitehe die Intention des Mannes - zwangsläufig mit der Bekanntgabe der Dauer der Zeit - offenbart und den Frauen – anders als in einer außerehelichen Beziehung - Rechte gibt. In diesem Sinne ist die Zeitehe auch ein Versuch, die Liebe zu rationalisieren. Anders als im Westen, wo die Paare außerhalb der Ehe zusammenkommen, wo keine Klarheit über die jeweilige Stellung zueinander, über die Absicht des Gegenübers und über die Dauer der Beziehung herrscht, soll die Zeitehe Klarheit bringen und böse Überraschungen vermeiden.“

Soziologe13-09-11

@Lale

Sie sind lustig. In welchem Land leben Sie? Sehen Sie nicht, dass Millionen Menschen in unserem Land zusammen kommen und von Anfang an wissen, dass Ihre Beziehung eventuell nicht von Dauer sein wird? Vielleicht ergibt die Zeitehe in unserem Land viel mehr Sinn als in Iran.

Humanist14-09-11

@ IPhone 4,
Ich habe nie behauptet Frauen hätten keine Rechte im Iran. Selbst in Saudi-Arabien oder Türkei haben Frauen Rechte. Ich sagte Sie werden systematisch staatlich unterdrückt und haben nicht die gleichen Rechte wie Männer!
Davon abgesehen, dass im Iran Recht haben und Recht bekommen sehr weit voneinander liegen, und im Grunde die meisten Menschen unterdrückt werden, ist es Tatsache, dass Frauen nicht gleichberechtigt sind. Vor Gericht hat die Aussage einer Frau nur Halb soviel Gewicht wie die Aussage eines Mannes. Also, in Ihrem Interesse, a) genau lesen, dann kommentieren, und b) erst denken, dann äußern.
Übrigens wenn Sie wirklich der Meinung sind, Iranerin hätten Rechte, sprechen Sie einfach mit eingen von Ihnen, Sie werden Ihre Meinung garantiert anschließend ändern.

Humanist14-09-11

@ Steffen, Sie sagen es gäbe keine Siqe Bordelle im Iran, woher wissen Sie das? Und warum berichten alle Augenzeugen Gegenteiliges?
Waren Sie schon mal im Iran?
Ich war dort und konnte mir selbst ein Bild machen.
Ich versuche es Ihnen erneut zu erklären.
Sie sagen: "...soll die Zeitehe Klarheit bringen und böse Überraschungen vermeiden.“

Ich habe bemerkt, ja es kann sein, dass in einer unaufgeklärten Gesellschaft, wie im Iran, die Zeitehe theoretisch helfen könnte. Nur zeigt die Realität, dass Sie meistens missbraucht wird, um Prostitution zu ermöglichen? Dieses vor dem Hintergrund der systematischen Frauenunterdrückung im Iran.

Meinen Sie nicht, dass Frauen im Iran unterdrückt werden?

Beispiele gibt es zu Hauf, und auch Ihnen gebe ich den Tipp mal mit Iranerin im Iran zu sprechen, Sie werden überrascht sein.



http://www.g26.ch/texte_prostituirte_iran.html

http://www.kreuz.net/article.5398.html

http://blog.zeit.de/joerglau/2008/05/05/wie-man-eine-iranische-prostituierte-erkennt_1165

http://www.g26.ch/texte_prostituirte_iran.html
http://www.youtube.com/watch?v=wiwsZOOBVSc
http://www.youtube.com/watch?v=6nWJVZ3IS0Q

SA15-09-11

Ganz sicher gibt es in Iran Prostituierte, aber eine Zeitehe ist mit einer Prostituierten nur begrenzt möglich: „Einer der Grundvoraussetzungen bei der Schließung der Zeitehe ist, dass beide Partner die Absicht zur Ehe haben müssen. Mit einer Prostitution ist keine Zeitehe möglich, weil sie nicht die Absicht zur Ehe formuliert. Und falls sie diese hat und tut, so ist sie in einer Ehe und kann nicht mehr ihren Beruf nachgehen und eine weitere Ehe nach dieser Ehe ist erst nach zwei Monatsperioden möglich.”

In Iran ist es nicht möglich legale Bordelle zu betreiben. Falls diese existierten, hätte die Regisseurin Sudabeh Mortezai, die zum Zwecke Ihres Filmes fast einen Jahr in Iran recherchierte, sie sicherlich thematisiert.

Jakob12-11-11

Gibt es im Gottesstaat iran tatsächlich Bordelle mit einem Priester als Kassierer davor?

(von Moderation chiffriert)29-11-12

„So galt vor mehreren hundert Jahren die Steinigung in Europa nicht als barbarischer Akt, noch sah man die Ausführenden als Barbaren, sondern eher als Menschen für Recht und Ordnung.“

MODERATION: Bitte bleiben Sie beim Thema des Artikels.





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