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25.02.2011 Ralf Abbasi

Berlinale und politisierte Filme


„Censored Cinema“ in der Berlinale

Die Veranstaltung „Censored Cinema“ war mit Gästen gut besucht.

Die Berlinale ist zu Ende und das iranische Kino hat mehrere Auszeichnungen erhalten. Das Film-Festival stand schon zuvor im Zeichen Irans. Das Schicksal des iranischen Regisseurs Jafar Panahi begleitete die Berlinale durchwegs, da er aufgrund einer Haftstrafe auf Bewährung nicht als nominiertes Jurymitglied an der Veranstaltungsreihe teilnehmen konnte.

Angesichts dieser Umstände wurde die Podiumsdiskussion „Censored Cinema“ mit iranischen Filmemachern wie Ali Samadi Ahadi, Sepideh Farsi, Rafi Pitts und der Menschenrechtlerin Mehrangiz Kar durchgeführt. Die Veranstaltung fand am 17. Februar in HAU 1 statt. Zugegen waren neben Interessenten, Filmemachern und Journalisten auch Exil-Iraner, die vor der Veranstaltung mit Plakaten das Publikum auf die Menschenrechtsverletzungen in Iran aufmerksam machten.

Neben Mehrangiz Kar, die einen Bürgerkrieg mehr Chancen einräumte als einer Revolution, da die Islamische Republik zweifellos Anhänger habe, erwies sich auch der Regisseur Rafi Pitts als jemand, der die Psyche der Islamischen Republik zu ergründen verstand. In seiner Ausführung sagte er unter anderem, dass das Regime jede Kritik an sich als Angriff gegen die Nation und das Land auffasse, da die derzeitigen Machthaber in Iran historisch gesehen stets vor einer ausländischen Bedrohung stünden und im kollektiven Gedächtnis der 8-jährige Krieg gegen Irak vorherrsche, wo der Rest der Welt den Diktator Saddam Hussein unterstützt - während sie Iran sanktioniert habe. Er fügte hinzu, dass er vermutlich auch wie sie denken würde, wenn er selbst damals an der Front gegen den Irak gekämpft hätte. Zudem sagte er, dass das Regime zwar beispielsweise wisse, dass es im Norden Teherans unbeliebt ist, aber man würde nicht wissen, dass die Mehrheit der Menschen in Iran auch gegen sie sei. Sein Statement wurde  von Samadi Ahadi und Sepideh Farsi unmittelbar und vehement mit dem Argument totgeschlagen, dass man wissen müsse, wie die Mehrheit der Menschen denke, wenn man angeblich eine Wahlfälschung betreiben würde. Rafi Pitts hüllte sich daraufhin mit rotem Gesicht in Schweigen.

Pitts ist zu einer tragischen Figur geworden. Im letzten Jahr wurde er wider Willen als jemand gefeiert, der mit dem Film „Zeit des Zorns“ (zuvor hieß der Titel unspektakulär „Der Jäger“) angeblich dem Regime die Stirn geboten hatte, obwohl er dies dementierte. Und in diesem Jahr vollzog er eine 180-Grad-Wendung und schwamm mit der Welle der iranischen Filmemachern im Ausland gegen das so genannte „Ahmadinejad-Regime“.

Unter den Zuschauern der Veranstaltung „Censored Cinema“ gab es Wortmeldungen, wie Pitts „kritischer“ Film in Iran Dreherlaubnis bekam und dort frei zu sehen sei. Zugleich sorgte er im Publikum mit seiner Äußerung für Verwirrung, dass er kein Interesse daran habe, Filme für das Ausland zu drehen und er habe weiterhin vor in Iran Filme für das iranische Publikum zu drehen. Diese Aussage sorgte im  kritischen Publikum für Unverständnis, da es  zuvor  nur über die erdrückende Zensur in Iran erfuhr und es  deshalb fragwürdig war, wie Pitts auf den Gedanken kommen konnte,  jemals wieder Filme unter den derzeitigen Regime drehen zu dürfen. Zusätzlich sorgte die Frage eines anderen Zuschauers für Konfusion, wie Panahi Facebook-Nachrichten an die Berlinale schicken kann, wenn er doch für sechs Jahre in Haft sitzt. Erst nach dem Ende der offiziellen Veranstaltung konnten andere Teilnehmer in geselliger Runde darauf hinweisen, dass die Haftstrafe „nur“ auf Bewährung erfolgte (und  das Urteil eines Berufungsgericht ohnehin noch aussteht), was wiederum zu Entrüstung führte, weshalb die Berlinale das verschweigt und Panahis Fall hervorhebt. Auch wurde vom Panel nicht angesprochen, dass im diesjährigen Teheraner Filmfestival „Fajr“ 97 Kinofilme - so viel wie nie zuvor - ausgestrahlt wurden, darunter viele, die zuvor jahrelang keine Erlaubnis dazu hatten.

Hassan Najarian, der Vize-Präsident der privaten iranischen Filmstiftung „Farabi Cinema Foundation“, sagte gegenüber Irananders, dass die jetzige Administration – im Vergleich zur Vorherigen - weitaus kooperativer ist und dass das Urteil gegen Jafar Panahi auch beim Kulturministerium für Unverständnis gesorgt hatte. Nach seiner Auskunft arbeiten in Iran 400 Regisseure und es sind insgesamt mehr als 6000 Menschen in der Filmindustrie tätig. Bzgl. des Hintergrunds der vorzeitigen Verhaftung Jafar Panahis, dass dieser einen Film über die Unruhen nach den Wahlen drehte, sagte Najarian, dass in diesem Jahr vier Kinofilme ausgestrahlt wurden, die auch die Ereignisse nach den Wahlen behandeln, wovon zwei davon kritisch sind. Panahis Problem wäre demnach, dass er im Geheimen und ohne Drehgenehmigung seinen Film drehte, was ihn in ein schlechtes Licht rückte. Amir Esfandyari, zuständig für die internationalen Beziehungen der Stiftung, sagte seinerseits, dass er aufgrund seiner Zusammenarbeit mit Panahi wisse, dass dieser schon immer die Neigung zu Auflehnung und Ablehnung hatte.

Amir Esfandyari sagte ferner im Hinblick auf Rafi Pitts, mit dem er überdies befreundet ist, dass – nachdem einige im Westen begonnen haben, Pitts Film nach den Wahlunruhen politisch zu deuten (Pitts Film wurde vor den Wahlen gedreht und ausgestrahlt) – er einige Dialoge im Film entsprechend hinzufügte und andere bearbeitete. So starb im Ursprungsfilm die Familie des Protagonisten nicht bei einer Demonstration, sondern bei einem Überfall in der Nähe eines Goldgeschäfts. Ferner ist die Radio-Ansprache des iranischen Staatsoberhauptes Ayatollah Khamenei komplett erst im Nachhinein eingefügt worden. De facto sind diese Nachbearbeitungen als Fremdkörper erkennbar, da sie mit dem Rest des Filmes und ihrer Botschaft kaum im Kontext stehen. Irananders kommentierte damals schon, dass „Zeit des Zorns“ im Westen politisiert und fehlgedeutet wird und die Demonstration und die Radioansprache bloß nur den Zeitrahmen und die Kulisse des Filmes widerspiegeln kann, da sie in keinem Zusammenhang mit der Essenz des Films stehen. Dieser künstliche Eingriff sorgte nach Angaben von Esfandyari bei Pitts Kameramann Mohammad Dawoudi für  Empörung, da er zum einen den Film als „verfälscht“ sieht und zum anderen Dawoudi ein „innbrünstiger Regimeanhänger“ ist (in Iran nennt man diese loyalen Staatsanhänger „Hezbollahi“). Allein aus diesem Grund konnte der Film nie regimekritisch sein.

Leider verpasste Rafi Pitts bei der Berlinale die Gelegenheit zur Aufklärung über seinen Film und stand anno dazumal - so wie auch heute - regelrecht zwischen allen Stühlen. Das Publikum verließ allenfalls „Censored Cinema“ mit mehr Fragen als Antworten.


Erwischt!25-02-11

Standard: Die Unruhen rund um die Präsidentenwahlen im Iran sind in Ihrem Film auf sublime Weise, meist nur auf der Tonebene, präsent. Wie ergab sich das?

Pitts: Ich stand als Schauspieler vor der Kamera, ging selbst durch diese Geschichte hindurch. Umso aufrichtiger musste ich sein - ich hatte ja keinen Regisseur. So war es ganz naheliegend, Elemente meines Lebens in den Film zu übernehmen. Und der Sound der Demos war für mich ein Teil der Landschaft. Ich verschlang damals alle Nachrichten über den Gang der Proteste. Ihren Verlauf habe ich nicht vorhergesehen. Ich konnte allerdings die Spannung spüren, in mir selbst: Man realisiert, dass man nicht alleine ist.

http://derstandard.at/1297216051340/The-Hunter-Man-realisiert-dass-man-nicht-alleine-ist

Muslim26-02-11

Pitts sollte gegenüber sein Publikum ehrlich sein und sich entschuldigen.

B. d. B13-03-11

noch ein beispiel für einen politisierenden film, hier versucht der hessische rundfunk das bild des Oberhauptes in den Dreck zu ziehen und negative Assoziationen festzufügen. Es geht um das Standbild im Studio:
http://www.youtube.com/watch?v=a4GT1HHKW68
Wir sollten alle Auskunft verlangen darüber.

Protest!30-09-13

Ali Samadi Ahadi als Co. Moderator mit der lange Grüne Schale hat sich bis Knie vor ein Deutscher Politiker in 2the "Berliner Konferenz" mit den Worten " Danke, daß Sie uns aufgenommen haben" gebeugt. peinlich, peinlich!

Lolurt29-05-15

Die Berlinale hat sich doch inzwischen selbst entlarvt: "Kulturstaatsministerin Monika Grütters hatte auf der Berlinale lautstark begrüßt, dass wieder ein Film des regimekritischen iranischen Regisseurs Jafar Panahi im Wettbewerb lief. Die Berlinale sei eben "schon immer politisch" gewesen. Mit diesen Worten lieferte sie der iranischen Propaganda jedoch ungewollt eine Steilvorlage – zum Schaden der iranischen Künstler."

http://de.qantara.de/inhalt/monika-gruetters-rede-auf-der-berlinale-baerendienst-fuer-irans-unabhaengige-kulturschaffende





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