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25.10.2010 H. I.

Die desinformierte Iran-Debatte: Warum werden Massen, die für Ahmadinejad und Khamenei sind, ignoriert?


Ardabil, Ahmadinejad

Menschenmassen für Ahmadinejad in mehrheitlich Azeri bewohnten Ardabil.

Im Folgenden ein Artikel über die inner-iranischen Verhältnisse von den ehemailgen US-Amerikanischen Diplomaten Flynt Leverett und Hillary Mann Leverett (das Original ist im Englischen auf der Webseite The Race for Iran zu lesen):

Als der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad letzte Woche in den Libanon reiste, zog er gewaltige Menschenmassen an, was den Eindruck einer überwältigenden positiven Resonanz von Seiten des Volkes zeigte. Viele westliche Analytiker taten diesen Besuch als eine Art billigen politischen Trick ab, um die Aufmerksamkeit von Ahmadinejads angeblich mangelnder Popularität im eigenen Land abzulenken (siehe z. B. hier und hier). Aber nach seiner Rückkehr aus dem Libanon reiste Ahmadinejad in der iranischen Provinz Ardabil, eine von drei Provinzen mit Azeri Mehrheiten. In einem User-Kommentar zu einem früheren Artikel von uns lieferte einer unserer Leser einen Link mit Fotos von Menschenmassen, die Ahmadinejad in der Provinzhauptstadt begrüßten.

Dass Ahmadinejad ein solches gewaltiges Echo in Ardabil erzielen konnte, ist besonders bemerkenswert. Gemäß der offiziellen Ergebnisse der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni 2009 gewann Ahmadinejad die Mehrheit der Stimmen in zwei iranischen Provinzen mit Azeri Mehrheiten, nämlich in Ardabil und Ost-Azerbaijan. Viele westliche Kritiker der Wahlen führen diese Erfolge als klaren Beweis für einen Betrug an. Wie konnte Ahmadinejad in zwei von drei Provinzen mit Azeri Mehrheiten gegen Mousavi, der selbst ethnischer Azeri ist, gewinnen? Es wurde sogar der absurde Vergleich angeführt, dass es genauso wenig plausibel wäre, wenn John McCain gegen Barack Obama bei den Präsidentschaftswahlen 2008 die Stimme der Afroamerikaner gewonnen hätte.

Allerdings ignoriert diese Art der Analyse die Fakten, nämlich Ahmadinejads lange Laufbahn in den iranischen Regionen mit Azeri Mehrheiten. Am Anfang seiner Karriere war Ahmadinejad ein Provinzfunktionär in West-Azerbaijan und war er von 1993 bis 1997 Gouverneur von Ardabil (er wurde dreimal in Folge als „bester Gouverneur des Irans“ ausgezeichnet, Anm. d. Red.). In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen von 2005, in der Stichwahl zwischen Ahmadinejad und Ali Akbar Hashemi Rafsanjani, gewann Ahmadinejad die beachtliche Mehrheit der Stimmen in allen drei Azeri-Provinzen. Ahmadinejads Wahlsieg von 2009 in Ardabil und Ost-Azerbaijan war geringer als der von 2005 und er verlor knapp die Mehrheit der Stimmen in West-Azerbaijan.

Demnach zeigen die offiziellen Ergebnisse, dass Mousavi einen höheren prozentualen Anteil der Stimmen in Gebieten mit Azeri Mehrheiten erzielen konnte als allgemein im übrigen Land. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass Ahmadinejad einen erheblichen Rückhalt in den Gebieten mit Azeri Mehrheiten behielt. Den Zuspruch, den er vor wenigen Tagen in Ardabil erhielt, scheint das zu bestätigen. Zu behaupten, dass Ahmadinejad eine breite Basis von Unterstützern hat, bedeutet jedoch nicht zu unterstellen, dass er keine Opposition hat. Wir schätzen Ahmadinejad als einen einzigartigen, effektiven, populistischen Politiker ein. Aber er ist auch eine stark polarisierende Persönlichkeit. Diejenigen, die Ahmadinejad ablehnen, scheint ihn wirklich zutiefst abzulehnen. Nichtsdestotrotz zeigen die verfügbaren Beweise, dass der weit verbreitete Rückhalt Ahmadinejads in der Bevölkerung weitaus größer ist, als die Opposition dies wahrhaben will. Und die enorme Mehrheit derer, die zu Ahmadinejads politischen Gegnern zählen, haben kein Interesse an der Destabilisierung der Islamischen Republik.

Unglücklicherweise scheinen die Berichterstattung und Kommentare der westlichen Medien über die iranische Politik untauglich zu sein, der Großteil der Darstellung stammen nämlich aus Nord-Teheran oder Exilanten, die die „Grüne Bewegung“ unterstützen. Als einen Teil unserer Arbeit im Laufe des letzten Jahres bei www.RaceForIran.com haben wir versucht, bedeutende Vorgänge darzustellen, wo bekannte westliche Medien sämtliche Grundlagen eines seriösen Journalismus über den Haufen werfen und sogar wahrscheinlich nicht ehrlich sind in ihren Berichterstattungen über den Iran. So kritisierten wir z. B. zum Jahresanfang zwei Artikel von Nazila Fathi (von der „The New York Times“) unter diesem Kontext; siehe hier und hier. In unserer Kritik haben wir Fälle aufgezeigt, in denen Frau Fathi durch nichts gestützte Behauptungen als sichere Tatsachen verbreitet. In anderen Fällen bezieht sich Frau Fathi bei ihren Behauptungen von angeblichen Tatsachen nur auf Oppositionelle oder andere Websites, die ohnehin gegen das Regime eingestellt sind. In einem Fall haben wir sogar herausgefunden, dass Frau Fathi’s Link zu einer Website die Behauptung, die sie stützen soll, nicht belegt. Und in einem besonders unerhörten Fehltritt versäumte es Frau Fathi, ihre Leser darüber zu informieren, dass die kurdische Rebellengruppe (die PJAK), zu der die fünf kurdischen Aktivisten gehörten, die im Iran hingerichtet wurden, ausdrücklich auch von der Obama-Regierung als terroristische Organisation bezeichnet worden ist (die fünf kurdischen Aktivisten wurden wegen der angeblichen Beteiligung an Terroranschlägen im Iran hingerichtet und nicht weil sie bloß Regime-Kritiker waren.) Nachdem wir über diese Agenda folgende Fehler in ihrer journalistischen Arbeit berichtet hatten, bemerkten wir Bemühungen von Frau Fathi die Quellen ihrer Artikel in bestimmten Punkten glaubhafter und zumindest transparenter wurden. Dann bemerkten wir, dass „The New York Times“ ihre „Reportagen“ über den Iran einstellte und wir dachten, dass dies ein Zeichen für einen wirklichen Fortschritt in Richtung auf mehr journalistische Verantwortung sei. Stattdessen aber ist sie für ihre vergangenen Leistungen ausgezeichnet worden und erhielt die Gelegenheit, das akademische Jahr 2010/2011 an der Harvard Universität als Nieman Fellow zu verbringen.

Aber das Problem ist natürlich größer und ist nicht auf einen Journalisten oder einer Zeitung beschränkt. Das wurde uns in einem Artikel von Scott Peterson im „Christian Science Monitor’s“ wieder bestätigt. Scott Petersons Berichterstattung über die iranische Politik der letzten 1 1/2 Jahre hat regelmäßig Defizite in der Professionalität und der Befolgung journalistischer Standards aufgewiesen, wie jene, die in Frau Fathis Arbeit aufgezeigt wurden. Letzte Woche brachte Peterson seine eigene Meinung über Ahmadinejads Libanonreise unter dem Titel: „Ahmadinejads Libanon-Besuch bringt wenig Entzückung nach Hause“. In seinem Artikel in dieser Woche über den Besuch des Staatsoberhauptes der Islamischen Republik, Ayatollah Ali Khamenei, in Qom, ignoriert Herr Peterson die Volksmassen, die herbeiströmten, um ihre Unterstützung für Khamenei zu zeigen (das Video über den begeisternden Empfang Khameneis in Qom, siehe hier und hier). Er konzentrierte sich stattdessen auf eine Behauptung (ohne Quellenangabe), dass sich die führenden Gelehrten Irans am 12. Juni 2009 bei der Präsidentenwahl, nach der Mahmoud Ahmadinejad seine zweite Amtszeit begann und wo er der Wahlfälschung bezichtigt wurde, spalteten.

Vielleicht sollten wir es als eine Art Fortschritt sehen und wahrscheinlich sogar als einen marginalen Indikator für unseren Einfluss werten, wenn Herr Peterson jetzt die Wahlen vom Juni 2009 bloß nur noch mit „glaubhafte Vorwürfe auf Betrug“ etikettiert. Jedoch liefert Herr Peterson absolut keine Begründung für seine Darstellung. Was sind das für Betrugsvorwürfe? Worauf stützen sie sich bzw. wer erhob diese „glaubhafte Vorwürfe auf Betrug“? Und was genau macht die Vorwürfe glaubhaft?

Für jene, denen an einer objektiven Bewertung der verfügbaren Beweise gelegen ist, gibt es keine bessere Informationsmöglichkeit als die zwei Analysen, die von regelmäßigen Lesern des www.RaceForIran.com geschrieben worden sind: Eric Brill, siehe hier, und Reza Esfandiari und Yousef Bozorgmehr, siehe hier. Solange niemand diese Analysen widerlegen kann, gibt es keine „glaubhafte Vorwürfe auf Betrug“.* Es sind nur Agenda folgende Behauptungen.

Leider führt der Agenda folgende “Journalismus“ zur desinformierten Diskussionen über den Iran und der damit verwandten Themen in den USA und den anderen westlichen Ländern und hilft somit zu der Verewigung der dysfunktionalen Politik gegenüber der Islamischen Republik, welche schon längst hätte beseitigt und in Verruf gebracht werden können.

* Im deutschsprachigen Raum erschien im Internet bereits im Sommer 2009 eine Analyse von Herrn Shayan Arkian über die iranischen Präsidentschaftswahlen. Später nahm der linke Publizist Jürgen Elsässer die Analyse mit einigen Modifizierungen in seinem Buch „Iran: Fakten gegen westliche Propaganda“ auf. Seit April 2010 ist die Analyse mit dem alten Titel „Iran-Wahlen: Inkohärenz der Fälschungsvorwürfe“ auf Irananders zu lesen.


Gast26-10-10

Was Nazila Fathi in den USA ist, ist Saba Farza in Deutschland. Wahrscheinlich gibt es in allen westlichen Staaten notorische Fathis und Farzas.

Khamenei28-10-10

Ich kann nur hierzu sagen, schaut Euch aus dem Internet die Leeren Stühle im Saal von UNO an, während Ahmadinejad seine letzte Rede gehalten hat. Wenn der Ardebil-Empfang von ihm keine Bildermanipulation und Propaganda vom Diktaturregime im Iran sein kann, dann können auch die Fotos der leeren Stühle aus UN keine Lüge sein. Ganz im Gegenteil, es zeigt, dass die Absolute Mehrheit der Welt Ahmadinejad und seine Regierung im Iran absagt. Aber jetzt wollt ihr allen Lesern weißmachen, dass das nicht die Mehrheit der Welt war, der aufgestanden ist und den Saal verlassen hat. Es ist so, als ob ihr aus der Redaktion irgenwo zu Besuch seid und plötzlich stehen alle auf und gehen nach Hause, wenn Sie anfangen, überein bestimmtes Thema zu sprechen....
Noch etwas, hört bitte auf die Verfasser dieser Berichte mit Abkürzung anzugeben, denn erstens, diese Verfasser sind nicht (falls es sie überhaupt in Wirklichkeit gibt) so wichtig, dass man um ihr Leben fürchten müsste, wenn ihre Namen auftauchen und zweitens, der Verdacht, dass ihr gefakten Namen aussucht, um eure Seite vollzukriegen, würde eventuell nicht entstehen. Danke!

Hashem28-10-10

Wessen Namen will man bei einem übersetzten Text haben, außer die der Verfassern, die dort eindeutig stehen?

Übrigens Iran wurde soeben zum Vorsitzenden der OPEC gewählt und der ärgste Rivale Saudi Arabien stimmte dieser Wahl zu.

Und hier Videos über Ahamdinejads Besuch in Ardabil: http://www.youtube.com/watch?v=lYcIXSPyTI0 oder http://iransima.ir/WinMediaPlayer.jsp?code=305671 (nur mit IE)

Und bei der UN-Rede sind westliche Diplomaten gegangen, und von denen nicht mal alle.

Webmaster28-10-10

Hiermit wird der User "Khamenei" ausgeschlossen. Er wurde in der Vergangenheit bereits verwarnt --> http://www.irananders.de/nc/home/news/article/ahmadinejad-ruft-obama-zum-persoenlichen-gespraech-auf.html

Das allein ist aber nicht der Grund, sondern es stellt sich heraus, dass "Khamenei" zuvor mit einem anderen Namen aktiv war und zu jener Zeit bereits letztmalig verwarnt wurde --> http://irananders.de/nc/home/news/article/ashtiani-und-die-politische-instrumentalisierung-eines-menschenschicksals.html

Leider hält der User „Khamenei“ bzw. „Beleuchter“ sich nicht an die Regeln (einen höflichen und gleichberechtigten Austausch) des Forums. Wir bitten um Verständnis.

Homayoun H.28-10-10

Dass Khamenei = Beleuchter ist, hätte ich euch auch gleich nach dem ersten Beitrag von "Khamenei" sagen können. Die selben rhetorischen Spielchen um vom Thema abzulenken und der gleiche Diskussionsstil. Naja, ist ja jetzt erledigt.

jafar29-10-10

Das Problem an der Geschichte ist, dass die Beweise erdrückend ist, dass es ein Regime gibt, das massiv Menschenrechte verletzt und wohl eines der blutrünstigsten unserer Zeit ist.
Ahmadinejad is nach Libanon gefahren ja. Khamenei ist nach Ghom gereist ja. Aber es was doch von vornerein abzusehen, dass das Regime durch Massive Werbung und durch Verwenung von abenteuerlichen Summen veruchen wird eine Jubelmenge zusammen zu bekommen. Kurzum, das war doch alles vorhersehbar.Was erwarten Sie denn was berichtet werden soll?

Die sympathien sind halt ganz klar auf der Seite des geschundenen Volkes das von einem faschistischen Regime unterdrückt wird. Es ist nunmal ein Unterschied, ob Protestanten unter Todesangst auf die Strasse gehen, oder irgendwelche armen Leute für Leckerein oder auch Geld einem Machthaber zujobeln.

@jafar29-10-10

Gibt es irgendwelche Beweise dafür, dass die jubelnde Menge dort Geld erhält? Dass muss doch mit Youtube & Co. dokumentiert worden sein. Wow, was für ein Regime, der in der Lage ist hundertausende Menschen allein durch Geld anzuködern. Wie ist das logistisch möglich?

Ich höre diesen Mist schon seit 30 Jahren. Wieso ist man nicht in der Lage anzuerkennen, dass es Menschen gibt, die anders denken als wir und anders wählen als wir?

jafar29-10-10

Haben Sie sich die Plakate in Libanon angeschaut wo Ahmadinejad drauf abgebildet war? An jeder Strassenecke hing eins. Tausende von Plakaten die Ahmadinjead willkommen hiessen. Das besondere daran war jedoch. Die Schrift war in der wunderschönen Nastaligh-Schrift geschrieben. Diese Schrift wird ausschliesslich in Iran verwendet. Das bedeutet Die Plakate wurden im Iran hergestellt und nach Libanon geschickt. Ein einmaliger Vorfall. Ein Staatsgast druckt die Plakate für sein Willkommengruss selbst.

Khameneis Reise nach Ghom, hat sogar nach offiziellen Angaben ca 700 Millionen Euro gekostet. Eine Reise in eine Stadt die 120 km entfernt ist für 9 Tage kostet 700 Millionen Euro. Was meinen Sie wofür das Geld ausgegeben wurde?

SA29-10-10

- Nastaligh Schrift ist in der schiitischen Welt weit verbreitet, siehe zum Beispiel hier: http://www.shiachat.com/forum/index.php?/topic/234947127-nastaligh-font/ Der Iran ist eine schiitische Kulturmacht und exportiert seine Kulturgüter in der schiitischen Welt und darüber hinaus.

- Haben Sie eine Quelle für diese Summe? Wie viel haben die Demonstranten gekostet? Wo kann man sich bewerben? Erhält man das Geld in bar? 700 Millionen Euro ist viel, hat der Iran so viele Reserven? Hat der Iran das nötig? Kann er nicht wie andere Staaten in der Welt einfach mit brutale Macht regieren? Wozu braucht er die Jubelperser? Das Geld wäre besser in dem Geheimdienst, der Polizei und dem Militär investiert.

Baba Jan29-10-10

Sehr schöner Artikel. Endlich wird hier aufgeräumt mit den reaktionären Fantasien der ausländischen Iraner.





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